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Finanzkrise: Griechenland: Die Entdeckung der Schnelligkeit

Athen drückt beim Sparprogramm aufs Tempo – die griechischen Gewerkschaften antworten mit einer Welle von Streiks und Protesten.

So schnell dürfte selten in der Geschichte des modernen Griechenland ein Gesetz verabschiedet worden sein: Am Samstag wurde das neue Sparprogramm eingetütet, am Sonntag in einer Krisensitzung vom Athener Kabinett gebilligt, am Montag ging es in Form eines Gesetzentwurfs ins Parlament und bereits am Mittwoch soll es verabschiedet werden und in Kraft treten. Aber es regt sich Widerstand: Die griechischen Gewerkschaften antworten mit einer Welle von Streiks auf die Sparmaßnahmen, die vor allem den öffentlichen Bediensteten, aber auch hunderttausenden Rentnern neue Opfer abverlangen. Bereits am Montag legten die Beschäftigten der Kommunalbehörden die Arbeit nieder. Der öffentliche Dienst streikt. Der Gewerkschafts-Dachverband GSEE hat für Mittwoch zu einem Generalstreik aufgerufen. An dem Ausstand wollen sich auch die Fluglotsen beteiligen. Hunderte Inlandsflüge und Flugverbindungen ins Ausland müssen deshalb gestrichen werden – ein neuer Schlag für den griechischen Tourismus, der ohnehin unter der Krise und den Streiks leidet.

Die Staatsbediensteten bekommen die Sparmaßnahmen besonders stark zu spüren. So muss beispielsweise ein Lehrer, der im vergangenen Jahr einschließlich Zulagen rund 31 000 Euro verdiente, in diesem Jahr mit 27 000 Euro auskommen. Die Gewerkschaften beziffern die Einbußen sogar auf bis zu 30 Prozent. Und an Gehaltserhöhungen ist zumindest für die nächsten drei Jahre nicht zu denken. „Die Arbeitnehmer können wenigstens protestieren“, sagt der 72-jährige Pensionär Giorgos Kassimatis, „aber wir Rentner haben gar keine Möglichkeit, uns zu wehren.“ 850 Euro Rente bekommt er im Monat, durch die Kürzungen werde er im Schnitt 40 Euro pro Monat weniger haben, kalkuliert der Pensionär. Und weil jetzt die Mehrwertsteuer bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen um zwei Prozentpunkte auf nun 23 Prozent steigt, „ist meine Einbuße in Wirklichkeit noch größer“, sagt Kassimatis.

„Das große Opfer“ lautet die Schlagzeile des Massenblatts „Ta Nea“. „Hoffnung gesucht“, titelt die konservative Zeitung „Apojevmatini“. Die regierungsnahe „Eleftherotypia“ stimmt ihre Leser auf „Vier Jahre ohne Verschnaufpause“ ein, die linksgerichtete Zeitung „Ethnos“ erwartet sogar „Fünf steinige Jahre“. Und die Wirtschaftszeitung „Kerdos“ schreibt: „Die große Odyssee beginnt – das ist unsere letzte Chance.“ Das Finanzblatt „Imerisia“ sieht in der Schuldenkrise den „Bankrott des politischen Systems“. Die einzige Hoffnung sei nun, dass die Regierung die Kraft aufbringe, das Sparprogramm umzusetzen.

Premierminister Giorgos Papandreou versucht, seinen eingeschüchterten und verängstigten Landsleuten etwas Mut zu machen: Die Regierung habe „harte, aber notwendige Entscheidungen“ treffen müssen. In der Krise liege aber auch „die Chance, dass wir alle gemeinsam ein besseres, gerechteres, transparenteres und humaneres Griechenland aufbauen, ein Griechenland, auf das wir stolz sein können“, sagte der Premier.

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