zum Hauptinhalt
267055_0_f50e8a5b.jpg

© ddp

Finanzkrise: HSH Nordbank: Zwischen Pest und Cholera

Hamburger Bürgerschaft stimmt trotz gewaltiger Risiken für neue Hilfen an die wankende HSH Nordbank.

Die SPD in Hamburg wird einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen rund um die schwer angeschlagene HSH Nordbank beantragen. Darauf verständigte sich die Fraktion der Sozialdemokraten. Dennoch stimmte sie aber am Mittwoch mit der schwarz-grünen Koalition dem Rettungspaket für die mit Schleswig-Holstein gemeinsam gebildete Landesbank zu. CDU und Grüne waren zuvor auf Forderungen der SPD eingegangen, die Bewilligung von Landesmitteln für die am Abgrund stehende HSH Nordbank an weitere Bedingungen zu knüpfen. Dazu zählen strikte Vorgaben an Vorstände und Aufsichtsrat der Bank sowie die Vorbereitung eines späteren Einstiegs des Bundes, sollte weiteres Kapital benötigt werden. Der schleswig-holsteinische Landtag kommt am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen, um das Rettungspaket zu verabschieden.

Die Kapitalzusagen der Länder bergen Risiken für deren Haushalte. Die Dimension für die Bankenrettung ist mit 13 Milliarden Euro gewaltig – die Summe liegt um 2,5 Milliarden Euro höher als Hamburgs Gesamtetat für 2009. Schleswig- Holstein und Hamburg geben über eine öffentliche Anstalt jeweils 1,5 Milliarden Euro neues Kapital in das klamme Geldinstitut, dazu bürgen beide Länder noch einmal für je fünf Milliarden Euro.

Für die Hamburger Grünen stellte deren Fraktionschef und finanzpolitischer Sprecher Jens Kerstan wenige Stunden vor der Bürgerschaftsdebatte noch einmal klar, dass eine Zustimmung zu dem vom Hamburger Senat und der Kieler Landesregierung ausgehandelten Rettungspaket für die angeschlagene Bank alternativlos sei. Eine Option ohne Risiko für Hamburg gebe es nicht. „Es ist eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera.“ Hamburgs CDU-Fraktionschef Frank Schira sieht die Bank als systemrelevant an. Ein Zusammenbruch durch Kapitalverweigerung gefährde „hunderttausende Arbeitsplätze in der Region“.

Während die oppositionelle SPD erst unmittelbar vor der Sitzung ihre Abstimmungsstrategie festlegte, hatte sich die Linke bereits seit geraumer Zeit gegen die Kapitalspritze für die HSH Nordbank aus Landesmitteln ausgesprochen. Erst einen Tag vor der Abstimmung in Hamburg durfte je ein Fraktionsvertreter Einblick in die etwa 2000 Seiten umfassende HSH-Bewertung durch die Unternehmensberatung KPMG nehmen. Für Joachim Bischof von den Linken steht auch nach dem Studium der Expertise fest, dass die Landesbank künftig weiteres Kapital benötigt. Seine Fraktion möchte die Bank daher lieber abwickeln. Auch in der schleswig-holsteinischen FDP warnt man davor, in ein „Fass ohne Boden“ zu investieren. Die Liberalen tragen das Rettungspaket daher genauso wenig mit wie Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband. Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition in Kiel wird der Staatsvertrag zwischen beiden Ländern vom 24. Februar in zweiter und letzter Lesung allerdings verabschiedet werden. Das betonten die Fraktionsspitzen von CDU, Johann Wadephul, und SPD, Ralf Stegner, nach dem Rücktritt von Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU), der seinen Schritt am vergangenen Sonntag mit nicht auszuräumenden Zweifeln an der Vorgehensweise zur HSH Nordbank begründet hatte.

Stegner ließ unterdessen verlauten, im vergangenen Herbst hätte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) auch der HSH Nordbank Hilfe des Bundes über den Finanzmarktstabilisierungsfonds Soffin angeboten, doch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (beide CDU) hätten die von Steinbrück geforderte Aufsicht offenbar nicht gewollt. Ein FDP-Sprecher in Kiel betonte, ein Untersuchungsausschuss in Hamburg mache nur Sinn, wenn er auch in Schleswig-Holstein eingerichtet werde.

Dieter Hanisch[Hamburg]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false