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Island Björgvin Sigurdsson

© dpa

Finanzkrise: Massive Proteste in Island - Wirtschaftsminister tritt zurück

Nach tagelangen Straßenprotesten in Island wegen der schweren Finanzkrise ist Wirtschaftsminister Björgvin Sigurdsson zurückgetreten. Auch die Spitze der staatlichen Bankenaufsicht erklärte ihren Rücktritt - und kam damit der Forderungen der aufgebrachten Demonstranten nach.

Ungeachtet der Ankündigung von vorzeitigen Wahlen am 9. Mai versammelten sich am Samstag nach Angaben der Polizei erneut mehr als 6.000 Menschen vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavik. Sie forderten auch den sofortigen Rücktritt von Ministerpräsident Geir Haarde mit seiner großen Koalition und umgehende Neuwahlen. Wirtschaftsminister Björgvin Sigurdsson trat am Sonntag zurück, ebenso die Spitze der staatlichen Bankenaufsicht.

"Der Zorn und die Enttäuschung bei den Menschen hier sitzen so tief, dass es für mich nicht möglich sein wird, ihr Vertrauen zurückzugewinnen", begründete Sigurdsson seinen Rücktritt. Seit dem Streit um Islands Nato-Beitritt 1949 hat es keine größeren Massendemonstrationen auf der Atlantikinsel mit rund 320.000 Einwohnern gegeben.

Am Rande des Staatsbankrotts

Die seit einer Woche allabendlich versammelte Menge vor dem "Althing", Islands Parlament, verlangte neben dem Rücktritt der Regierung und der Bankenaufsicht auch den von Nationalbankchef Davíd Oddsson. Alle werden für den Zusammenbruch der drei größten isländischen Banken mitverantwortlich gemacht, der das Land an den Rand des Staatsbankrotts gebracht hat. Die Arbeitslosigkeit auf der Insel im Nordatlantik ist von einem Prozent Anfang letzten Jahres auf jetzt fast sieben Prozent gestiegen und könnte nach einer Prognose des Finanzministeriums bis 2010 auf über zehn Prozent klettern.

Der an Krebs erkrankte und kurz vor einer Operation stehende Regierungschef Haarde setzte sich in Interviews am Wochenende erstmals deutlich von der aggressiven Kreditpolitik isländischer Banken ab und nannte sie "abscheulich". Die Verschuldung dieser Banken ist weltweit so groß, dass sie die Finanzkraft des isländischen Staates um ein Vielfaches übersteigt. Die Geldinstitute Kaupthing, Landsbanki und Glitnir konnten im letzten Herbst aber nur durch Verstaatlichung vor dem Kollaps bewahrt werden. Haarde kündigte an, dass umfassende Untersuchungen mögliche kriminelle Aktivitäten verantwortlicher Bankmanager klären sollen.

Nach Umfragen liegt die Unabhängigkeitspartei des Regierungschefs deutlich hinter einem möglichen Bündnis der bisher mitregierenden Sozialdemokraten von Außenministerin Ingibjörg Gísladottir mit den oppositionellen Rotgrünen. Sprecher der außerparlamentarischen Protestbewegung kündigten an, dass sie bei den Wahlen mit einer neuen Partei antreten wollen. (jam/dpa)

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