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Politik: Finanzpolitik: Trotz Haushaltslöchern nicht mehr Schulden

Die Bundesregierung will die Neuverschuldung für das laufende Jahr trotz voraussichtlich umfangreicher Mindereinnahmen nicht erhöhen und auch keine Haushaltssperre erlassen. Das Finanzministerium, Haushaltspolitiker von Bündnis 90/Die Grünen sowie Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) sprachen sich am Mittwoch in Berlin dagegen aus, die bislang geplante Kreditsumme von gut 46 Milliarden Mark zu überschreiten.

Die Bundesregierung will die Neuverschuldung für das laufende Jahr trotz voraussichtlich umfangreicher Mindereinnahmen nicht erhöhen und auch keine Haushaltssperre erlassen. Das Finanzministerium, Haushaltspolitiker von Bündnis 90/Die Grünen sowie Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) sprachen sich am Mittwoch in Berlin dagegen aus, die bislang geplante Kreditsumme von gut 46 Milliarden Mark zu überschreiten.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß korrigierte am Mittwoch seine Äußerungen, denen zufolge er zuvor in einem Interview ein höheres Defizit nicht ausgeschlossen hatte. Es sei gute Haushaltspolitik, "die Verschuldung leicht nach oben pendeln zu lassen, wenn es die konjunkturelle Lage erfordert", hatte er gesagt. Später ergänzte er, dies seien allgemeine Anmerkungen gewesen. Er plädiere nicht für eine höhere Neuverschuldung. Die Union hingegen forderte höhere Schulden und verlangte erneut einen Nachtragshaushalt.

Das Bundesfinanzministerium hat Pläne für eine höhere Neuverschuldung als "Spekulation" bezeichnet. Ein Sprecher sagte am Mittwoch, man halte daran fest, einen ausgeglichenen Haushalt bis 2006 zu erreichen und wolle "weder eine höhere Neuverschuldung noch eine Haushaltssperre". Man hoffe, mögliche Mindereinnahmen an anderer Stelle abfangen zu können. Eine Haushaltssperre stehe nicht zur Diskussion. Warten müsse man ohenhin auf die Ergebnisse der Steuerschätzung am 17. Mai.

Nach Einschätzung der Grünen-Finanzpolitiker Christine Scheel und Oswald Metzger werden die Steuereinnahmen in diesem Jahr um drei bis fünf Milliarden Mark hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dieses Minus sollte aber nicht durch höhere Schulden aufgefangen werden, schrieben sie in einer Erklärung. "Eine höhere Neuverschuldung wäre das falsche Signal." Statt dessen müssten alle Ministerien weiterhin sparen, "für Sonderwünsche ist kein Platz". Die Regierung müsse weiterhin seriöse Finanzpolitik betreiben und die Neuverschuldung wie geplant bis 2006 auf null senken. Für 2001 hoffen Scheel und Metzger auf eine Belebung der Konjunktur durch die Steuerreform.

Anders als die Grünen erwarten Konjunkturexperten vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) sogar um fünf bis sieben Milliarden Mark geringere Steuereinnahmen. Grund dafür ist das voraussichtlich geringere Wachstum des Bruttoinlandsproduktes, welches die Forscher in ihrem Frühjahrsgutachten statt bei 2,7 nur noch bei 2,1 Prozent sehen. Auch die Regierung hat ihre Prognose von etwa 2,6 Prozent Wachstum reduziert, sich aber noch nicht auf eine konkrete Zahl festgelegt. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, empfahl Finanzminister Eichel, die Konjunkturschwäche und die Einbußen bei den Steuereinnahmen auszusitzen. "Nur Idioten würden jetzt auf die Notbremse treten", sagte Walter im ZDF-Morgenmagazin.

Die Opposition sieht jedoch noch weitere Riskien im Haushalt, welche die Koalition bislang nicht berücksichtigt habe. Die BSE-Krise werde den Bund mindestens zwei Milliarden Mark kosten, hinzu kämen noch nicht absehbare Ausgaben für die Folgen der Maul- und Klauenseuche, schätzt Dietrich Austermann, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Die schlechtere Lage auf dem Arbeitsmarkt werde weitere 3,5 Milliarden Mark mehr kosten. Nicht berücksichtigt seien in der Planung außerdem Mehrausgaben für die Bundeswehr-Strukturreform und das Defizit der Weltausstellung Expo. "All dies summiert sich auf mindestens zehn Milliarden Mark", hat Austermann ausgerechnet. "Deshalb muss die Regierung eine neue Bilanz vorlegen und einen Nachtragshaushalt aufstellen." Das höhere Defizit lasse sich aber durch höhere Schulden sowie einen strikteren Sparkurs, etwa bei den Personalausgaben des Bundes, ausgleichen.

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