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Politik: Fischer räumt in Visa-Affäre Fehler ein

Außenminister Joschka Fischer hat in der Visa-Affäre erstmals öffentlich eigene Fehler eingeräumt. "Ich - und das hat nichts mit der Partei zu tun - habe Fehler gemacht", sagte der Grünen-Politiker am Samstag in Köln auf dem Landesparteitag der NRW-Grünen.

Köln (26.02.2005, 17:09 Uhr) - SPD-Innenpolitiker forderten am Samstag Konsequenzen aus der Affäre und verlangten, Fischer Zuständigkeiten bei der Visa-Vergabe zum Teil zu entziehen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) betonte, der Grünen-Politiker bleibe Außenminister. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel forderte dagegen erneut indirekt Fischers Rücktritt.

Fischer sagte vor rund 280 Grünen-Mitgliedern in Köln, das schon von der Vorgängerregierung unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) eingeführte Instrument der Reiseschutzversicherung sei in seiner Amtszeit durch zwei Erlasse noch missbrauchsanfälliger gemacht worden. «Ich habe in den Jahren 2000 bis 2002 (...) nicht schnell, nicht entschlossen und nicht umfassend genug als verantwortlicher Minister gehandelt. Das sind meine Fehler, das ist meine Verantwortung», gestand Fischer. Dafür stehe er ein.

Zugleich griff der Minister die Union scharf an. Sie verhalte sich unmoralisch, wenn sie wegen des Missbrauchs von Reiseschutzpässen vor allem in Osteuropa die Ukrainer kriminalisiere. Die Union könne «meinen Rücktritt fordern», solle aber aufhören, die Ukrainer zu kriminalisieren, forderte Fischer. Genau das tat Merkel indirekt: «Wenn er noch einen Funken Selbstachtung hätte, dann wüsste er, was zu tun ist. Es sind schon viele Minister wegen sehr viel geringerer Anlässe zurückgetreten.» Fischer habe seine Amtspflichten verletzt und dem Land geschadet.

Schröder sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» auf die Frage, ob er an Fischer festhalte: «Der Außenminister bleibt Außenminister!». SPD-Chef Franz Müntefering sagte in Berlin, Fischer «hat Zusammenhänge verdeutlicht und Verantwortungsfragen angesprochen und selbst Verantwortung übernommen». Der SPD-Obmann im Visa- Untersuchungsausschuss, Olaf Scholz, lobte Fischers Rede mit den Worten: «Jetzt ist die Luft raus.»

Auch bei den Grünen fand die Rede großen Anklang. «Ich bin erleichtert, dass Joschka Fischer heute klar und präzise gesagt hat, welche Fehler er gemacht hat und dass er zugleich der Partei den Rücken gestärkt hat», sagte Grünen-Chefin Claudia Roth der dpa.

Der CDU-Außenexperte Friedbert Pflüger nannte die Vorwürfe Fischers, die Union stelle die Ukrainer generell als Kriminelle dar, «abenteuerlich». CSU-Generalsekretär Markus Söder sieht in Fischers Rede Taktik: «Fischer muss endlich volle Aufklärung leisten und alle Karten auf den Tisch legen.» FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sprach von einer «unerträglichen Bagatellisierung» der Affäre.

Trotz der Rückendeckung durch Kanzler und SPD-Spitze für Fischer verlangte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, Kompetenzen bei der Visa-Vergabe dem Bundesinnenministerium zu übertragen. Er sagte der Zeitung «B.Z. am Sonntag»: «Einst hatte Helmut Kohl seinem Männerfreund Genscher zugesagt, dieser bleibe allein für die Visaerteilung zuständig. Das hat sich nicht bewährt.» Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD).

Der Vorsitzende des Visa-Untersuchungsausschusses, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte dem «Spiegel»: «Die Fachaufsicht für das Personal in den Visastellen muss beim Innenminister liegen.» Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der «Netzeitung», das AA habe «nachgewiesenermaßen die legitimen Sicherheitsinteressen Deutschlands nicht ausreichend» berücksichtigt.

Trotz der Missbrauchsfälle verteidigte Fischer den Volmer-Erlass zur einfacheren Visa-Erteilung. Durch den nach dem früheren grünen Staatsminister Ludger Volmer benannten Erlass habe sich nichts an den üblichen Prüfungen der Einreise-Voraussetzungen geändert. Es sei nur darum gegangen, im Anschluss den Ermessens-Spielraum zugunsten der Reisewilligen zu nutzen. «Das ist alles.» (tso) ()

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