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Am Brenner plant die österreichische Regierung ab Juni Grenzkontrollen.

© REUTERS

Flüchtingskrise: Österreich und Italien streiten sich um geplante Kontrollen am Brenner

Die Regierung in Wien will auf der österreichischen Seite des Brenner Flüchtlinge direkt registrieren. Doch das löst Protest in Italien aus.

Wenn es nach dem Willen der österreichischen Regierung geht, dann soll ab Juni mit Kontrollen am Brennerpass und damit an einer der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsachsen begonnen werden. Ähnlich wie bei Spielfeld am Grenzübergang zu Slowenien soll hier eine Art Schleusensystem errichtet werden, um die ankommenden Flüchtlinge gleich zu registrieren und Migranten ohne eine Chance auf Asyl wieder zurückzuweisen.

Um für eine flüssige Verkehrsabfertigung zu sorgen, werden am Brenner auf der Autobahn vier Abfertigungsspuren eingerichtet, zwei für Pkws und zwei für Lkws. Begründet werden die geplanten Kontrollen mit dem Zustrom der Flüchtlinge, der nach der Schließung der Balkanroute aus Richtung Italien erwartet wird. Bereits 2015 wurden gut 50.000 Flüchtlinge offiziell gezählt, die von Italien nach Österreich und Deutschland reisen konnten. Hinzu kommt die Zahl der illegal Einreisenden.

In den italienischen Medien hat der Beginn der Bauarbeiten zunächst zu einer Reihe von Spekulationen geführt. So drohte Vize-Innenminister Filippo Bubbico: „Sollten die Österreicher einen Hunderte Kilometer langen Grenzzaun errichten, würde das ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Schengen-Abkommen rechtfertigen.“ Und Premierminister Matteo Renzi forderte von der EU-Kommission eine „offizielle Erklärung“ zum österreichischen Grenzmanagement.

Wiener Minister erläuterten in Rom das geplante Vorgehen

Diese Reaktionen lösen in Wien Verwunderung aus – umso mehr, als erst vor einer Woche Noch-Innenministerin Johann Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil bei einem offiziellen Besuch in Rom ihre Gesprächspartner in der italienischen Regierung über das geplante Vorgehen ins Bild setzten. Von italienischer Seite heißt es, dass man „die rechtlichen Prinzipien verteidigen“ werde, die in Europa gelten.

Allerdings muss im Gegenzug auch Italien erklären, wie es die EU-Außengrenzen schützen will. Zwar kümmert man sich auf Lampedusa und Sizilien um die Rettung und Aufnahme der gestrandeten Flüchtlinge. Doch da endet der Einsatz, denn die meisten von ihnen werden dann weiter in den Norden geschickt. Nicht zuletzt sind es Schlepper, die sie mit Bahnfahrkarten nach München und Wien versorgen.

Wien rechnet mit Zustimmung der EU-Kommission

Dass es letztlich die EU-Kommission letztlich temporären Grenzkontrollen am Brenner zustimmen könnte, begründet der Innsbrucker Europarechtsexperte Walter Obwexer unter Verweis auf die im Herbst erfolgte Zustimmung zu den Kontrollen an der Ostgrenze Österreichs. Wenn nämlich Gefahr für Ordnung und Sicherheit im Lande besteht, dann kann ein Antrag auf Einführung von befristeten Grenzkontrollen gestellt werden. Obwohl eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag Bedenken gegen die Hemmung des Verkehrsflusses vor allem am Brenner angemeldete, so rechnet Österreich dennoch bei einer Zuspitzung der Flüchtlingskrise mit der Zustimmung von Brüssel.

Erschienen bei EurActiv.

Der europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Herbert Vytiska

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