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Ohne Perspektive: Millionen Iraker mussten vor dem "Islamischen Staat" fliehen.

© Ahmad al Rubaye/AFP

Flüchtlinge im Irak: Schutzlos, hilflos – hoffnungslos

Zehntausende Menschen suchen Schutz in Europa. Zumeist sind es Syrer. Doch auch die Zahl der Iraker, die ihr Land verlassen, steigt.

Die Bilder scheinen eine eindeutige Botschaft zu vermitteln. Es sind überwiegend Syrer, die sich aus ihrer kriegsgeplagten, in weiten Teilen zerstörten Heimat auf den Weg nach Europa machen. In der Hoffnung, sich ein neues Leben aufbauen zu können. Doch das gilt gleichermaßen für den Irak. Die Vereinten Nationen (UN) gehen davon aus, dass ein Teil der jetzt nach Europa drängenden Flüchtlinge aus dem Zweistromland kommt.

Einige zehntausend Menschen hätten in den vergangenen Monaten ihre Notunterkünfte verlassen und sich zur türkischen Grenze aufgemacht, sagt Dominik Bartsch im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Das sind nach Angaben des Vize-Koordinators der UN für die humanitäre Hilfe im Irak in erster Linie sogenannte Binnenvertriebene.

Also jene, die wegen der heftigen Kämpfe im Land ihr Zuhause verlassen mussten. „Für diese Kinder, Frauen und Männer hat sich die Lage in jüngster Zeit drastisch verschlechtert. Viele sind verzweifelt, weil sie überhaupt keine Perspektive mehr haben. Und an eine Rückkehr in ihre Häuser ist nicht zu denken, solange die Terrormiliz ,Islamischer Staat‘ diese Gebiete kontrolliert“, betont Bartsch.

Acht Millionen Menschen brauchen Hilfe

Insgesamt haben laut den UN mehr als drei Millionen Iraker Schutz vor den anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen in anderen Teilen des Landes gefunden. Doch auch dort ist die Not groß. Inzwischen sollen im Irak insgesamt sogar acht Millionen Menschen auf verschiedenartige Unterstützung angewiesen sein.

Dennoch wird die dringend benötigte internationale Hilfe aufgrund fehlender finanzieller Mittel immer weiter heruntergefahren. „Wegen der Kürzungen etwa beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen müssen Bedürftige mit deutlich weniger Lebensmitteln über die Runden kommen als bislang. Viele bekommen gar nichts mehr“, berichtet Bartsch. Und die Gesundheitsversorgung sei bestenfalls mangelhaft.

Ein großes Problem ist außerdem, dass die Kinder nicht zur Schule gehen können. „Eine ganze Generation bekommt keinen Unterricht. Auch das trägt zur Hoffnungslosigkeit bei. Und verstärkt den Wunsch, den Irak in Richtung Europa zu verlassen.“

Um diese Bewegung einzudämmen, ist es nach Dominik Bartschs Überzeugung dringend geboten, an Ort und Stelle die Grundbedürfnisse der Flüchtlinge zu gewährleisten und ihnen eine langfristige Perspektive anzubieten. Die internationale Staatengemeinschaft müsse daher umgehend und umfassend investieren. „Anderenfalls werden immer mehr Menschen versuchen, außerhalb des Iraks über die Runden zu kommen – auch in Deutschland.“

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