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Kanzleramtsminister Altmaier (CDU) und Außenminister Steinmeier (SPD) sind uneins in der Behandlung osteuropäischer Staaten, die sich in der Flüchtlingskrise verweigern.

© dpa/Bernd Thissen

Update

Flüchtlinge in Europa: Altmaier und Steinmeier uneins über Umgang mit Verweigerern

Was tun mit EU-Ländern, die bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht einmal eine Mindestquote erfüllen? In der Bundesregierung gibt es Differenzen dazu. Ex-Bischöfin Käßmann kritisiert die Verweigerer.

Die Bundesregierung ringt um eine gemeinsame Position im Umgang mit EU-Ländern, die sich der vereinbarten Verteilung von Flüchtlingen widersetzen. Während Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine juristische Klärung des EU-internen Konflikts als Option sieht, lehnt Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) Drohungen ab.

Vor allem die ost- und mitteleuropäischen Staaten sperren sich gegen den im September vereinbarten Asylkompromiss. Die EU-Staaten hatten damals die Verteilung von 160.000 Asylbewerbern in Europa vereinbart. Zum Ende der Woche waren allerdings erst 232 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland in andere EU-Länder gebracht worden.

Käßmann: Ein Land kann nicht EU-Mitglied sein und nur die schönen Seiten genießen

Die Ex-Bischöfin Margot Käßmann sagte dazu im Interview mit dem Tagesspiegel, "wir können nicht akzeptieren, dass sich einige osteuropäische Länder verweigern. Ein Land kann nicht EU-Mitglied sein und nur die schönen Seiten genießen." Die Reformationsbotschafterin der EKD warnte vor einem Versagen Europas in der Flüchtlingsfrage: "Meine Generation hat erlebt, wie die Grenzen abgebaut wurden. Wenn das rückgängig gemacht würde, wäre das eine europäische Tragödie." Europas Staaten dürften sich nicht von rechten Ideologien erpressen lassen. "Wir müssen dafür eintreten, dass zu den europäischen Werten das Recht gehört, dass politisch Verfolgte Asyl erhalten." Sie könne nicht erkennen, dass Europas Staaten an der Grenze der Belastbarkeit stehen. "Weltweit sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Im Libanon, das nur vier Millionen Einwohner hat, leben fast zwei Millionen Flüchtlinge. Was heißt denn dann für uns Grenze der Belastbarkeit? Wo leiden denn Deutsche, weil Flüchtlinge im Land sind?"

Nach Einschätzung Altmaiers ist die Androhung finanzieller Folgen für die sich weigernden EU-Staaten der falsche Weg. „Ich habe immer dafür geworben, dass man in der EU nicht droht, sich erpresst oder Handtaschen auf den Tisch stellt“, sagte Altmaier dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Der Kanzleramtsminister ist seit Oktober Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung.

„Ich glaube, dass unsere befreundeten Länder in Osteuropa bald erkennen werden, dass jedes moderne Land, das sich in der Globalisierung bewähren will, Migration nicht ausblenden kann.“ Altmaier zeigte sich in dieser Angelegenheit optimistisch: „Die Mitgliedsstaaten müssen und werden sich zusammenraufen.“

Der österreichische Kanzler Werner Faymann hatte dagegen vor dem jüngsten EU-Gipfel den Osteuropäern mit finanziellen Konsequenzen gedroht, wenn sie sich der solidarischen Aufnahme von Flüchtlingen weiter verweigern.

Außenminister Steinmeier hob hervor, dass Europa eine Rechtsgemeinschaft sei, in der das einmal gegebene Wort etwas zähle. „Und wenn es nicht anders geht, werden die Dinge eben auf den dafür vorgesehenen Wegen juristisch geklärt“, sagte der SPD-Politiker dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Dabei bezog sich Steinmeier auch auf die Klage der slowakischen Regierung gegen die Flüchtlingsverteilung beim Europäischen Gerichtshof. „Die Slowakei will es ja so. Diejenigen, die sich verweigern, müssen aber wissen, was auch für sie auf dem Spiel steht: die offenen Grenzen in Europa.“ Europäische Solidarität sei keine Einbahnstraße.

Die EU-Kommission hat nach Steinmeiers Worten gute und ehrgeizige Vorschläge für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen gemacht. „Dann ist es jetzt aber auch die Verantwortung aller unserer Partner, auch derer, die in der Frage der Lastenverteilung zurückhaltend waren, hier schnell Nägel mit Köpfen zu machen“, forderte er.

Beim Gipfel in Brüssel einigten sich die EU-Staaten darauf, zum nächsten Sommer mit einer effektiven Grenzschutzpolizei die europäischen Außengrenzen besser zu sichern. Bis Ende Juni 2016 sollen umstrittene Details geklärt werden. (dpa)

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