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Eingegrenzt. Tausende Flüchtlinge kamen in den vergangenen Monaten über die österreichisch-slowenische Grenze.

© dpa

Flüchtlinge: Österreich macht Ernst

Das Land verschärft die Regeln für Migranten – nur bei der Aufnahme der Personalien gibt es Probleme.

Für nächste Woche ist der Vollbetrieb geplant in dem als „Grenzmanagement“ bezeichneten neuen Kontrollzentrum in Spielfeld an der steirisch-slowenischen Grenze. Migranten, die nicht in Österreich oder Deutschland um Asyl begehren, sollen dann systematisch ins Erstaufnahmeland der Schengenzone, also Richtung Griechenland abgewiesen werden, konkret ins Nachbarland Slowenien. Zuerst müssen sie aber noch Personalien inklusive Fingerabdrücken hinterlassen. Doch genau damit gibt es nun Probleme.

Die Fingerprints werden nur gespeichert, wenn der Flüchtling in Österreich um Asyl bittet, was bisher bei nur etwa zehn Prozent der Ankommenden der Fall war. Auch von den vielen Flüchtlingen, die in Deutschland um Asyl bitten wollen, werden die Fingerabdrücke zwar genommen, aber nicht gespeichert. Dadurch könnte es zu noch mehr illegalen Einreisen jener Migranten kommen, die ihre Herkunft mit angeblich verlorenen Papieren und falscher Identität verschleiern. Weil diese mangels gespeicherter Fingerabdrücke nicht kontrolliert werden können, steht neuerlichen Einreiseversuchen nichts im Wege. Gerade von Menschen aus arabischen Staaten ist trotz der nun genügend Dolmetschern vor Ort die genaue Herkunft oft schwer festzustellen. „Ein riesiger Aufwand für nichts“, sagte ein Grenzpolizist dem „Kurier“.

Verwies die steiermärkische Polizeidirektion anfangs noch auf die EU-Regeln, nach denen Fingerprints nur im Erstaufnahmeland genommen werden dürfen, ist inzwischen ein Streit zwischen den Koalitionspartnern ausgebrochen. Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl nannte die Entscheidung des Innenministeriums „absurdes Asyltheater“, die ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl- Leitner beschuldigte die SPÖ, noch im Dezember die Speicherung der Fingerprints verhindert zu haben. Die begründete dies damals mit dem EU-Recht. „Dass das nicht funktioniert, wissen wir“, sagten die österreichischen Polizisten in Spielfeld. Wie schlecht es funktioniert, zeigt ein noch nicht öffentlicher EU-Bericht über eine Spontankontrolle Brüssels in Griechenland im November: Der österreichische EU-Abgeordnete Heinz Becker (ÖVP) nennt ihn „vernichtend“.

Kurzungen bei sozialen Leistungen

Neben diesem Sicherheitsaspekt ist Österreich auch durch die Ankündigung Mikl-Leitners in den Fokus gerückt, in zehn Tagen mit der Kontingentierung der Asylaufnahmen zu beginnen. Ab dann soll nur mehr eine begrenzte Zahl von Asylsuchenden in Österreich akzeptiert werden. Wie viele das sein werden und vor allem was mit den abgewiesenen beziehungsweise weiter wartenden geschieht, lässt die Ministerin offen. Sie begründet die Pläne mit der Umsetzung der von Regierung und Ländern vor drei Wochen beschlossenen Obergrenze von 37.500 Asylsuchenden für 2016.

Der härtere Kurs der Österreicher in der Flüchtlingspolitik wird auch durch eine Aussage von Außenminister Sebastian Kurz deutlich, der den Druck auf die Herkunftsstaaten erhöhen will. Ländern, die in Europa abgewiesene Asylbewerber nicht wieder aufnehmen, müsse die EU-Nachbarschafts- und Entwicklungshilfe gestrichen oder zumindest gekürzt werden, sagte er am Donnerstag im Radiosender Ö1.

Auch bei der Versorgung der 100 000 seit Anfang 2015 aufgenommenen Asylsuchenden sind Verschärfungen im Kommen. Fraktionschef Reinhold Lopatka von der konservativen ÖVP versandte fünf Seiten an Vorschlägen, wie Österreichs Sozialstaat funktionsfähig gehalten werden soll. Vor allem eine Deckelung der Mindestsicherung für alle soll die Rekordarbeitslosigkeit von 10,5 Prozent abfedern. Vorbild der ÖVP ist Dänemark, wo die Mindestsicherung für jeden halbiert wird, der nicht mindestens sieben der letzten acht Jahre im Land gelebt und zum Gemeinwohl beigetragen hat. Lopatka will die Sozialhilfe für Familien bei 1500 Euro im Monat deckeln und nur maximal die Hälfte in bar auszahlen.

Das von einer ÖVP-Grünen-Koalition regierte kleinste Bundesland Vorarlberg ist da schon weiter: Es lässt ab jetzt alle Flüchtlinge eine „Integrationsvereinbarung“ unterschreiben, wonach die Sozialhilfe gekürzt wird, wenn sie nicht Deutsch lernen oder die Religion über das Gesetz stellen. Die Bundes-SPÖ von Kanzler Werner Faymann und die Wiener SPÖ hingegen stöhnen. Die ÖVP betreibe „Sozialabbau“, der mit ihnen nicht zu machen sei, ihm graue vor Lopatka, sagt Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der mächtigste Mann der SPÖ.

Reinhard Frauscher

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