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Mehr Menschen, die Schutz in Deutschland suchen - hier eine syrische Familie an der griechisch-mazedonischen Grenze - könnten in der Illegalität landen.

© Michael Kappeler/dpa

Flüchtlinge und Illegalität: Zahl der Migranten ohne Papiere dürfte weiter steigen

Zwischen 180.000 und einer halben Million Menschen leben in Deutschland ohne Papiere und quasi im Versteck. Wie soll die Gesellschaft damit umgehen?

Mit der Zahl der Flüchtlinge dürfte auch die der Migranten ohne Papiere deutlich steigen. Für 2016 rechne sie damit, dass in dieser steigenden Zahl "ein höherer Anteil ehemals Schutzsuchender" enthalten sein wird, sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin Dita Vogel am Donnerstag auf der Jahrestagung des Katholischen Forums Illegalität in Berlin. Die Ökonomin forscht an der Universität Bremen, ihr Spezialgebiet ist irreguläre Migration, die oft als illegale gilt. Illegale oder Papierlose haben keinen legalen Aufenthaltstitel, sie sind abgetaucht und daher - anders als etwa "Geduldete" - nicht bei den Behörden registriert. Flüchtlinge und Asylbewerber, die lediglich noch keinen Antrag gestellt haben oder stellen konnten, werden nicht dazu gerechnet.

Lange Bearbeitung begünstigt das Abtauchen

Die Zahl der irrgulären Migranten kann, weil sie nicht gemeldet sind, daher auch nur geschätzt werden. Nach den Daten von Vogel, die dafür die Polizeiliche Kriminalstatistik auswertet, lag sie 2014 bei zwischen 180- und bis 520.000 Menschen. Sie sind meist entweder mit einem Visum eingereist, zum Beispiel als Touristen, und werden nach dessen Ablauf zu Illegalen, oder sie tauchen nach ihrer Ablehnung als Asylbewerber ab.

In letzter Zeit gab es Hinweise, dass auch die lange Zeit, die zwischen dem Eintreffen von Asylbewerbern und anderen Schutzsuchenden in Europa und der Entscheidung über ihren Status vergeht, das Wechseln in die Illegalität begünstigt. Im letzten Jahr kamen nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) etwa 142.000 Menschen nicht in den für sie vorgesehenen Erstaufnahmeeinrichtungen an. Europol schlug vor Wochen wegen des Verschwindens von 10.000 jugendlichen Flüchtlingen vom Radar der Behörden Alarm.

Fachleute verweisen darauf, dass viele von ihnen einfach auf eigene Faust weiterreisten und später wieder auftauchten. Der Chef des Bamf, Frank-Jürgen Weise, fürchtet, dass die Zahl der noch nicht entschiedenen Fälle weiter steigen wird. "Der Rückstand bei der Bearbeitung der Anträge wird sich erst einmal noch vergrößern“, sagte Weise der Passauer Neuen Presse. Neben schätzungsweise 300.000 bis 400.000 Flüchtlingen, die noch keinen Antrag gestellt haben, aber schon in Deutschland sind, gebe es 370.000 bisher noch nicht entschiedene Altfälle.

Private Hilfe für Migranten stärken

Die Bremer Forscherin Vogel schlägt, um den Anstieg von Illegalität zu bremsen, neben einer Altfallregelung, die die Betroffenen ebenso wie die Verwaltungen entlasten würden, eine Stärkung der Helfer vor. Kanada sei ein Vorbild, sagte Vogel. Dort könnten Gruppen von Bürgern Migranten ins Land bringen, wenn sie sich verpflichten, für einige Jahre für deren Unterhalt aufzukommen. Ähnliche deutsche Möglichkeiten seien zu schwach, sagte sie. Auch wenn Deutschland sich entschlösse, regelmäßig eine deutliche Zahl von Flüchtlingen aufzunehmen - Vogel nannte die Zahl von einer halben Million jährlich - könnte dies Illegalität reduzieren helfen, weil weniger Menschen sich auf gefährliche Wege nach Europa begeben würden.

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