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Flüchtlinge sitzen vor einem Wohncontainer in Athen.

© dpa

Flüchtlinge zurück nach Griechenland: Athen hält nichts von Berliner Plänen

Innenminister Thomas de Maizière will ab 2017 wieder Flüchtlinge nach Griechenland zurückschicken - aber Athen möchte nichts davon wissen.

Als der griechische Migrationsminister Ioannis Mouzalas vor der Sommerpause Anfang Juli den deutschen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin besuchte, lächelten die beiden bei ihrem Arbeitstreffen noch einträchtig in die Kamera. Doch die gute Stimmung ist verflogen, seit de Maizière am vergangenen Wochenende noch einmal daran erinnerte, dass Deutschland demnächst gegebenenfalls wieder Flüchtlinge nach Griechenland zurückschicken möchte. Der Plan de Maizières sei „inakzeptabel“, wetterte Mouzalas daraufhin.

Schon im Juli redeten de Maizière und Athens Migrationsminister Mouzalas über Dublin

Allzu überrascht dürfte der griechische Migrationsminister allerdings nicht gewesen sein, als de Maizière in der „Welt am Sonntag“ erklärte, es müsse möglich sein, „dass entsprechend der Dublin-Verordnung Flüchtlinge auch wieder nach Griechenland zurückgeschickt werden können“ – vorausgesetzt, dass sich die Situation der Flüchtlinge in Hellas weiter verbessere. Denn schließlich sprachen die beiden damals bei ihrer Begegnung in Berlin auch über das sogenannte Dublin-System. Im Grundsatz gibt die Dublin-Regelung Deutschland die Möglichkeit, Flüchtlinge wieder in andere EU-Länder zurückzuschicken, in denen sie zuerst den Boden der EU betreten haben. Im geringem Maß wird von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht: Nach Angaben des Innenministeriums wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres unter anderem 521 Flüchtlinge nach Italien, 311 nach Polen und 165 Migranten nach Ungarn überstellt. Nach Griechenland schickt Deutschland allerdings seit 2011 keine Flüchtlinge mehr zurück, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Europäische Menschenrechtsgerichtshof schwere Mängel im Asylverfahren in Hellas festgestellt hatten.

Doch wenn es nach de Maizière geht, dann soll die Überstellung der Flüchtlinge nach Griechenland im Rahmen des Dublin-Verfahrens ab Januar 2017 wieder möglich sein. Entsprechend hatte er sich bereits bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen Anfang Juli in der slowakischen Hauptstadt Bratislava geäußert. Der deutsche Innenminister strebt ein abgestimmtes Vorgehen mit seinen europäischen Amtskollegen an, damit nicht „Verwaltungsgerichte das Rückführen schon nach kürzester Zeit untersagen“. In Deutschland wurden in diesem Jahr nach Angaben des Innenministeriums weit mehr Asylverfahren als in den vergangenen Jahren durchgeführt, für die laut der Dublin-Regelung eigentlich Griechenland zuständig wäre: Waren es 2015 noch 5436 Verfahren gewesen, so stieg die Zahl allein zwischen Januar und Juni 2016 auf 18.897. Dabei dürfte es sich im Wesentlichen um Fälle von Flüchtlingen handeln, die bis zum vergangenen Frühjahr auf der Balkanroute von Griechenland nach Deutschland kamen; seit März ist die Route geschlossen.

Athen pocht auf eine Umverteilung der Flüchtlinge in der EU

Mouzalas machte hingegen eine andere Rechnung als de Maizière auf. Der Athener Minister erinnerte daran, dass die EU-Beschlüsse eigentlich vorsehen, dass die europäischen Partner Griechenland in diesem Jahr 33.000 Flüchtlinge abnehmen. Tatsächlich wurden bislang aber nur 3000 Migranten in andere EU-Länder umverteilt. De Maizières Forderung, dass demnächst auch wieder eine Rückführung von Flüchtlingen nach Griechenland laut dem Dublin-Verfahren möglich sein müsse, entspreche „nicht der heutigen Realität und den Bedürfnissen Europas“, kritisierte Mouzalas.

Brüsseler Vorschlag zur Erneuerung von Dublin ist umstritten

Das Dublin-Verfahren, das hauptsächlich Mittelmeer-Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien die Abwicklung der Asylverfahren aufbürdet, war bereits praxisuntauglich geworden, bevor Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem Jahr beschloss, in Ungarn gestrandete Flüchtlinge aufzunehmen. Inzwischen hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Reform des Dublin-Systems vorgelegt, der eine Umverteilung von Migranten vorsieht, wenn ein Land mit vielen Flüchtlingen überfordert ist. Der Vorschlag stieß allerdings in Osteuropa auf Widerstand.

EU-Kommission sieht Fortschritte bei Verbesserung des griechischen Asylsystems

Ob Deutschland demnächst Flüchtlinge nach Hellas zurückschicken kann, wird nicht zuletzt von der Beurteilung des griechischen Asylsystems durch die EU-Kommission abhängen. Im vergangenen Juni bescheinigte die Brüsseler Behörde Athen Fortschritte bei der Verbesserung des Asylsystems. Am Montag erklärte eine Kommissionssprecherin nun, es sei Ziel der Behörde, Griechenland „zurück in die Dublin-Familie zu bringen“.

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