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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

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Update

Flüchtlingsdrama vor Lampedusa: Flüchtlingspolitik ist Streitthema vor schwarz-grüner Sondierung

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) offenbart mit seiner Haltung in der Flüchtlingspolitik vor allem die Unterschiede zwischen Union und Grünen vor den Sondierungsgesprächen am Donnerstag. Nun verteidigt er sich selbst und erhält Unterstützung von der CDU.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) steckt in einem kleinen Dilemma. Während die meisten seiner Kabinettskollegen sich in Zeiten von komplizierten Sondierungsgesprächen zurückhalten können mit öffentlichen Äußerungen, stehen Themen auf der aktuellen Agenda, die voll in sein Ressort fallen. Im Blickpunkt dabei die europäische und deutsche Flüchtlingspolitik. Statt sich diplomatisch zu geben, muss er eine Haltung formulieren angesichts der dramatischen Flüchtlingstragödie vor der italienischen Insel Lampedusa. Dabei macht er aus seinem Herzen keine Mördergrube und bezieht jene Position, die er in diesen Fragen zuletzt immer vertreten hat. Das aber ist kein Signal des Entgegenkommens an die Grünen, im Gegenteil. Kurz vor den Gesprächen werden die Differenzen deutlich.

Grüne wollen Flüchtlingspolitik zu zentralem Thema der Sondierung machen

Die Grünen haben bereits angekündigt, die deutsche Flüchtlingspolitik bei den Sondierungsgesprächen mit der Union zu einem zentralen Thema zu machen. Die Grünen strebten eine neue Flüchtlingspolitik an. Es müssten mehr Flüchtlinge aufgenommen werden, sagte die frisch gewählte Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Es gehe nicht nur um die Verteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union (EU) - sondern darum, wie die EU-Außengrenzen so geregelt werden könnten, dass Flüchtlinge nicht mehr ihr Leben riskieren, wenn sie nach Europa kommen wollen.

Harsche Kritik muss sich Friedrich auch von der SPD anhören. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sprach von einer „Schande, dass die EU Italien mit dem Flüchtlingsstrom aus Afrika so lange alleingelassen hat.“ Hilfsorganisationen kritisieren Friedrich ebenfalls. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, ging mit Friedrich hart ins Gericht. „Das Ergebnis des Treffens der EU-Innenminister ist enttäuschend. Deutschland blockiert jede Verbesserung der Flüchtlingspolitik“, sagte er dem Tagesspiegel. Stattdessen würden sich die europäischen Staaten gegenseitig die Verantwortung zuschieben und die Grenzen blieben dicht. Auch Friedrichs Forderung, die Entwicklungshilfe zu erhöhen, führt nach Burkhardts Überzeugung in die falsche Richtung. Zwar sei es generell zu begrüßen, diese Art finanzieller Unterstützung auszubauen. „Doch die Toten von Lampedusa stammen aus Somalia, Syrien, Afghanistan und Eritrea. In diesen Ländern, in denen Bürgerkriege herrschen oder Warlords regieren, nutzt Entwicklungshilfe herzlich wenig.“

Bundesinnenminister Friedrich erhält Unterstützung aus der CDU

Hinzukommt, dass Friedrich mit seinen Äußerungen zur Armutseinwanderungen auf Kritik gestoßen ist. "Es kann nicht sein, dass Freizügigkeit so missbraucht wird, dass man ein Land nur deswegen wechselt, weil man höhere Sozialhilfe haben möchte“, sagte Friedrich am Dienstag beim Treffen der EU-Innenminister.

Aber Friedrich erhält Unterstützung aus der CDU. Wolfgang Bosbach verteidigte die Haltung von Friedrich. „Diejenigen, die Innenminister Hans-Peter Friedrich und die Position Deutschlands jetzt so scharf kritisieren, mogeln sich um die Beantwortung der entscheidenden Frage herum: Sollen die Grenzen geöffnet werden für alle, die kommen wollen oder nicht“, sagte Bosbach dem Tagesspiegel. Wer für offene Grenzen plädiere, müsse der Bevölkerung sagen, welche Konsequenzen dies haben werde. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses forderte auch die Grünen auf, in diesem Punkt Farbe zu bekennen. „Auch die Grünen müssen die Frage beantworten, wer soll zukünftig einreisen dürfen, wer es nach jetziger Rechtslage nicht kann. Die Grünen scheuen sich, verständlicherweise, für offene Grenzen zu plädieren, weil dies Deutschland und sogar die EU insgesamt überfordern würde“, sagte Bosbach. Selbst wenn Deutschland noch mehr Flüchtlinge aufnehme, als es derzeit schon tue, würden die Fluchtbewegungen nicht nachlassen. „Deshalb ist es so wichtig die Fluchtursachen entschlossener als bisher zu bekämpfen.“ Für den Vorwurf, Deutschland schotte sich ab, habe er überhaupt kein Verständnis. „Die Bundesrepublik nimmt wesentlich mehr Flüchtlinge und Asylsuchende auf als die meisten anderen EU-Staaten und auch als die Mittelmeeranrainer.  Lampedusa ist sicherlich überfordert, ganz Italien aber nicht“, sagte Bosbach. Er hoffe aber, dass das Thema die anstehenden Sondierungsgespräche nicht belasten werde.

Deutschland nehme schon genug Flüchtlinge auf

Auch das Ministerium selbst wies die Kritik an Friedrich zurück. Ein Sprecher des Innenministeriums verwies auf die deutlich niedrigere Asylbewerberzahlen in Italien. Vor diesem Hintergrund würden Forderungen nach einem anderen Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge in Europa nicht einleuchten. Zudem sei Deutschland „Vorreiter“ in der EU bei der Aufnahme syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge. „Ich glaube, wir müssen uns alles andere als verstecken“, erklärte der Sprecher. Auch habe Friedrich beim Thema Armutseinwanderung niemanden "an den Pranger gestellt". Der Städtetag habe auf das Problem hingewiesen. Es gehe darum, dass sich ein Teil dieser Einwanderer „zu anderen Zwecken, nämlich zum Erschleichen von staatlichen Leistungen, in andere EU-Länder“ begebe.

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