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Flüchtlingshilfswerkschef: "Wir hoffen, dass die Lage stabil bleibt"

Imran Riza (39) ist seit Mai 2007 Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks in Jordanien. Mit ihm sprach Martin Gehlen.

Die humanitäre Antwort auf die Krise hat sich verbessert. Jordanien und Syrien tragen nach wie vor eine enorme Last. Wir schätzen die Zahl der geflohenen Iraker allein in Jordanien auf 450 000 Menschen, in Syrien auf mehr als eine Million. Die internationale Gemeinschaft hilft den Aufnahmeländern inzwischen besser – finanziell, aber auch durch die Aufnahme von 100 000 Flüchtlingen seit 2007. Wir als UNHCR versuchen zusätzlich, das Los der internen Flüchtlinge im Irak zu lindern und Menschen zu helfen, in ihre Heimat zurückzukehren.

Tut die irakische Regierung genug für die Rückkehr ihrer Bürger?

Die meisten Flüchtlinge glauben nicht, dass sie im Irak wieder sicher leben können. Auch wenn es Fortschritte im Land gab. Die Wahlen waren Anfang März und es gibt immer noch keine Regierung. Ich bezweifle, dass die Rückkehr der Flüchtlinge im Irak Priorität hat.

Ist Iraks Regierung überfordert? Oder gibt es ein gezieltes Interesse der schiitischen Führung, die überwiegend sunnitischen und christlichen Flüchtlinge loszuwerden?

Die Regierung ist die Regierung aller Iraker. Manche denken, man wolle die Sunniten und Christen rauswerfen. Es ist die Aufgabe der irakischen Regierung, diesem Eindruck entgegenzutreten.

Rechnen Sie nach dem Abzug der US-Kampftruppen mit einer neuen Flüchtlingswelle?

Wir sind sehr besorgt und hoffen, dass es nicht zu einem neuen Bürgerkrieg kommt, dass die Lage zumindest so bleibt wie bisher.

Viele Flüchtlinge in Jordanien fühlen sich in einer Falle. Nicht wenige sind schon fünf oder mehr Jahre hier. Unternimmt die internationale Gemeinschaft genug?

Es kann nie genug Hilfe geben. Aber es gibt immer noch Staaten, die Iraker aufnehmen. Doch das allein reicht nicht. Die Menschen müssen eine neue Existenz in einer neuen Sprache aufbauen können – und das ist besonders schwierig in Zeiten einer globalen Wirtschaftskrise.

Welche Rolle spielt Europa?

Europa hat Ende 2008 insgesamt 10 000 Plätze versprochen, aber davon sind wir immer noch deutlich entfernt. Bisher wurden rund 7000 aufgenommen.

Müssen wir bald das Ende der Christen im Irak erleben?

Die Christen werden systematisch attackiert – wie andere Minderheiten auch. Sie gehören zu den ältesten christlichen Gemeinden. Die UN sind da aber relativ machtlos. Die gezielte Verfolgung beenden – das können nur die irakische Führung und das irakische Volk.

Imran Riza (39) ist seit Mai 2007 Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks in Jordanien. Mit ihm sprach Martin Gehlen.

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