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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 17.10.2015 in Grimmen (Mecklenburg-Vorpommern) auf dem CDU-Kreisparteitag für Vorpommern-Rügen unter dem Motto «Augenmaß und Mitte».

© dpa

Flüchtlingskrise: Angela Merkel umwirbt die Türkei

Bundeskanzlerin verteidigt ihre Reise. Der türkische Minister Akif Çagatay Kilic zum Tagesspiegel: Die EU braucht uns mehr als umgekehrt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Türkeireise an diesem Sonntag gegen Kritik verteidigt. „Europa kann seine Außengrenze nicht allein schützen, wenn wir nicht auch ein Abkommen mit der Türkei schließen“, sagte Merkel am Samstag auf einem Kreisparteitag der CDU in ihrem Wahlkreis in Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern. Da müsse man kompromissbereit sein. Mit dem Besuch in der Türkei seien nicht alle Probleme gelöst, aber ein Anfang gemacht.

Die EU will die ins Stocken geratenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei im Gegenzug zu Hilfen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise wieder anschieben. Sie stellt dem Land Milliardensummen für die Betreuung syrischer Flüchtlinge in Aussicht. Ankara soll zudem deren Weiterreise in die EU verhindern.

Dies allerdings wird wohl nicht geschehen. Menschen gegen ihren Willen in der Türkei festzuhalten, sei „eine Frage der Menschenrechte“, sagte der türkische Minister für Jugend und Sport Akif Çagatay Kilic unmittelbar vor dem Gipfel im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Wer weiter will, den wird man nicht hindern können und dürfen.“ Kilic, der mehr als acht Jahre Büroleiter und Berater des damaligen Premiers und heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan war und als sein Vertrauter gilt, zeigte sich aber überzeugt, dass die Mehrheit der Geflüchteten die Nähe zur Heimat dem Weg nach Europa vorziehen werde. Kritik äußerte Kilic an der EU-Flüchtlingspolitik. Die Lastenteilung in Europa, „dessen Teil die Türkei ist“, sei derzeit „nicht auf dem Niveau, auf dem sie sein könnte und sollte“.

Kilic betonte, dass neben der Flüchtlingsfrage der EU-Beitritt der Türkei Hauptthema der Gespräche mit der Kanzlerin sein werde. Dies liege „ganz klar auf dem Tisch“. Klar sei aber auch: „Die EU braucht die Türkei mehr als umgekehrt.“ Die EU müsse jetzt offen und nach transparenten Kriterien verhandeln. Ausdrücklich zollte er Merkel Respekt. Die Kanzlerin habe als CDU-Vorsitzende stets klar ihre Vorbehalte gegen einen türkischen EU-Beitritt geäußert, als Regierungschefin aber ebenso deutlich gemacht, dass die europäischen Vereinbarungen mit Ankara einzuhalten seien.

Die Beitrittsverhandlungen treten seit Langem auf der Stelle – erst recht, seit Erdogan mit seinem rigorosen Vorgehen gegen Kritiker EU-Standards der Presse- und Meinungsfreiheit verletzt. Auch sein Vorgehen gegen die kurdische PKK stößt auf entschiedene Ablehnung. (mit dpa/rtr)

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