zum Hauptinhalt
Griechenland, hier der Hafen von Piräus, ist für viele Flüchtlinge das Eintrittstor nach Europa.

© Yannis Kolesidis/dpa

Update

Vor Krisentreffen zum Thema Flüchtlinge: Balkanstaaten wollen nicht zur Pufferzone werden

Jean-Claude Juncker hat am Sonntag nach Brüssel geladen, um einen 16-Punkte-Plan zu beraten, der die "Politik des Durchwinkens“ beenden soll. Offenbar ist auch ein Lager für 50.000 Flüchtlinge in Athen angedacht.

Ein Krisentreffen am Sonntag in Brüssel soll Entspannung in der Flüchtlingskrise in Europa bringen. Auf Einladung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kommen am Nachmittag Spitzenpolitiker aus den EU-Staaten Österreich, Slowenien, Kroatien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Griechenland zusammen, aus Deutschland reist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Außerdem sind die Nicht-EU-Länder Mazedonien und Serbien sind anwesend.

Vertreter des Balkans haben jedoch schon im Vorfeld die Erwartungen gedämpft. Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic sagte, sein Land werde Flüchtlinge nicht über längere Zeit aufnehmen, statt sie wie bisher an Slowenien weiterzureichen. Vordringlich müsse die EU-Außengrenze in Griechenland gesichert werden, betonte er.

Bulgarien, Serbien und Rumänien drohten sogar mit der Schließung ihrer Grenzen für Flüchtlinge, falls Deutschland und Österreich eine solche Maßnahme ergreifen sollten. Sie würden nicht zulassen, dass sich die drei Balkanstaaten zu Pufferzonen für Migranten entwickelten, sagte Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borisow am Samstag nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Serbien und Rumänien in Sofia. Unionspolitiker hatten zuletzt wiederholt in Erwägung gezogen, die deutschen Grenzen abzuriegeln. Auch der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hatte gesagt, Zäune könnten zum wirkungsvollen Schutz der Grenzen beitragen.

Grundlage der Beratungen am Sonntagnachmittag wird ein 16-Punkte-Plan sein, den EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker an die Teilnehmer verschickt hat. Das Treffen soll aus Sicht der einladenden EU-Kommission zu einem besseren Austausch der Länder entlang der Flüchtlingsroute über den westlichen Balkan führen. "Die betroffenen Länder sollten nicht nur übereinander (sprechen) und aufeinander einreden, sondern auch miteinander reden", heißt es in dem am Freitag versandten Entwurf. "Nachbarn sollten nicht gegeneinander arbeiten."

Bundeskanzlerin Angela Merkel will bei dem Treffen offenbar auf eine verbesserte Erstaufnahme von Flüchtlingen in Ankunftsländern wie Griechenland drängen. Das berichtet der "Spiegel". Merkel wolle eine deutliche Verbesserung der Arbeit der sogenannten Hotspots erreichen. Der Kanzlerin gehe es darum, dass die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU direkt aus diesen Erstaufnahmezentren erfolgen solle.

Auf Ex-Olympiagelände in Athen könnte riesiges Flüchtlingslager entstehen

Dem Bericht zufolge plant die EU-Kommission zudem, die Erstaufnahme der Flüchtlinge von den überforderten Kommunen der griechischen Inseln Lesbos und Kos auf das Festland zu verlagern. Auf dem ehemaligen Olympiagelände bei Athen könnte ein Lager für 40.000 bis 50.000 Menschen entstehen, das von der EU-Grenzschutzbehörde Frontex und dem Uno-Flüchtlingswerk UNHCR geleitet würde.

Hohe Diplomaten der Teilnehmerstaaten sollen auf der Grundlage des Juncker-Papiers am Sonntag eine gemeinsame Erklärung der Teilnehmer ausarbeiten. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vor, zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über den konkreten Inhalt berichtet.

Staaten sollen Flüchtlingskoordinatoren benennen

In dem Entwurf ist unter anderem vorgesehen, dass die Staats- und Regierungschefs innerhalb von 24 Stunden enge Mitarbeiter zur Koordination in der Flüchtlingskrise benennen. "Sofort" sollen zudem Informationen über die genauen Flüchtlingsströme durch die jeweiligen Staaten ausgetauscht werden. Der Weitertransport der Migranten zur nächsten Landesgrenze soll aufhören, wenn es dafür keine Genehmigung des Ankunftsstaates gibt. "Eine Politik des Durchwinkens von Flüchtlingen in ein Nachbarland ist nicht akzeptabel", heißt es.

Die EU-Kommission schlägt in dem Plan auch eine neue Operation der EU-Grenzschutzagentur Frontex an der Landgrenze Griechenlands zu Mazedonien und Albanien vor. Die Mitarbeiter sollen die Personalien von Migranten aufnehmen, die nicht zuvor schon in Griechenland registriert worden sind.

Bei dem Treffen sind neben Deutschland acht weitere EU-Staaten vertreten, ebenso die Nicht-EU-Länder Mazedonien und Serbien. In Brüssel sorgt man sich um die chaotische Lage im Südosten des Kontinents. Insbesondere Slowenien und Kroatien machen einander Vorwürfe. (dpa, AFP, rtr)

Wie kann Deutschland die Krise meistern? Auf unserer Debattenseite "Flüchtlinge in Deutschland" finden Sie zahlreiche Beiträge dazu.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false