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16 Millionen Euro kostet die Abschreckungskampagne.

© Australian Government

Flüchtlingspolitik in Australien: Regierung setzt auf Schock-Plakate

Mit einer drastischen Kampagne versucht Canberra, Flüchtlinge abzuschrecken. Die Regierung schleppt sogar Flüchtlingsboote zurück aufs offene Meer. Die Methoden sind auch im eigenen Land umstritten.

Stolz steht er da, Einwanderungsminister Scott Morrison, den Blick kühn in die Ferne gerichtet in einer Uniform, die an Admiral Nelson erinnert, das Schwert locker umgeschnallt. Zwar ist diese Abbildung in einer australischen Zeitung nur eine Fotomontage, aber sie soll den „Sieg“ des „Kommandeurs“ über die illegalen Bootsflüchtlinge illustrieren. Unter Morrisons Führung, die vom konservativen Regierungschef Tony Abbott gedeckt wird, ist die Zahl der „Illegalen“ tatsächlich drastisch zurückgegangen, die harschen Methoden sind aber äußerst umstritten.

Umgerechnet 16 Millionen Euro hat sich die Regierung in Canberra Anzeigen in Australien und Ursprungsländern der Flüchtlinge wie Pakistan, Sri Lanka, Afghanistan und dem Sudan kosten lassen, um Menschen von dort abzuschrecken. „Keine Chance – Australien wird nicht eure Heimat!“ oder „Werft euer Geld nicht ins Wasser“ lauten die Slogans, die klarmachen sollen, wie aussichtslos das Unterfangen ist, mit dem Boot nach Australien zu flüchten. Niemand, der ohne Visa einreise, werde aufgenommen. "Schmuggler lügen" heißt es in den Anzeigen.

Schon im Wahlkampf vor dem deutlichen Sieg über die damalige Labour-Regierung vor 13 Monaten hatte der jetzige Premierminister „Stoppt die Boote“ als eines seiner Kernversprechen dem Wahlvolk täglich eingehämmert. Damals war Abbott noch ausgelacht worden, als er ankündigte, die Boote „umzudrehen“ – mittlerweile macht die Marine unter seiner und Morrisons Führung genau das. Der Minister hat berichtet, zwölf Boote seien auf offener See zurückgeschickt worden, behauptet aber, dies sei geschehen, ohne dass irgendjemand zu Schaden gekommen sei. In der Vergangenheit sind hunderte Menschen auf oft maroden, viel zu kleinen und schlecht ausgerüsteten Booten gen Australien gestartet und auf hoher See ums Leben gekommen. Morrison behauptet, es habe keine Todesfälle mehr gegeben.

Immer noch aber sitzende Tausende in Flüchtlingslagern hinter Stacheldraht in abgelegenen Regionen unter extremen Bedingungen wie zum Beispiel auf der Manus-Insel in Papua-Neuguinea. Australien hat dort ebenso wie in dem winzigen Pazifik-Inselstaat Nauru seine Rolle als „großer Bruder“ genutzt, um die Flüchtlinge vom Festland fernzuhalten. Nauru steht vor dem Staatsbankrott und braucht jede erdenkliche finanzielle Hilfe, Papua-Neuguinea war früher ein australisches Verwaltungsgebiet und kann Anfragen des großen Nachbarn ebenfalls schlecht ablehnen. Außerdem berichtet Morrison, dass in Zusammenarbeit mit den Behörden vor allem in Indonesien und Sri Lanka viele Boote, die meist von professionellen Schleppern betrieben werden, gestoppt wurden, bevor sie überhaupt in See stechen konnten.

Die Internierung von sogenannten „illegalen Einwanderern“ ist seit Jahrzehnten australische Praxis und wurde schon 1992 eingeführt. Diese Politik ist gesellschaftlich akzeptiert, wenn auch vor allem die Behandlung von Kindern immer wieder heftig kritisiert wird. Manche Flüchtlinge sitzen jahrelang hinter Gittern. Psychische Schäden sind fast unausweichlich, vor allem weil im Gegensatz zu einer Gefängnisstrafe der Zeitpunkt der Entlassung völlig unklar ist. Immer wieder gibt es Selbstmordversuche, Hungerstreiks und Selbstverstümmelungen.

Ein Hauptargument der Regierung ist, dass sich die „Illegalen“ an der Schlange von Flüchtlingen vorbeischieben, die sich über reguläre Wege wie die Flüchtlingsorganisation der UN um einen Platz in Australien bewerben. Australien nimmt pro Jahr 20000 Flüchtlinge aus aller Welt auf – eine Quote, die in Relation zur Bevölkerung deutlich höher ist als in Deutschland.

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