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Politik: Flugaffäre: Flug ins Ungewisse

Der Rückflug erfolgte per Linienmaschine, das Ticket war privat bezahlt. Am Samstag flog Rudolf Scharping aus dem mehrfach unterbrochenen Urlaub auf Mallorca zurück nach Frankfurt am Main, in Erwartung weiteren Erläuterungsbedarfs - nicht nur gegenüber der Opposition, die den Rücktritt gefordert hatte wegen der "Flugaffäre" des Verteidigungsministers.

Der Rückflug erfolgte per Linienmaschine, das Ticket war privat bezahlt. Am Samstag flog Rudolf Scharping aus dem mehrfach unterbrochenen Urlaub auf Mallorca zurück nach Frankfurt am Main, in Erwartung weiteren Erläuterungsbedarfs - nicht nur gegenüber der Opposition, die den Rücktritt gefordert hatte wegen der "Flugaffäre" des Verteidigungsministers. Zwar stellten sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hinter den Minister. Doch auch in den eigenen Reihen war das missbilligende Grummeln, das schon nach den Pool-Urlaubsbildern begonnen hatte, nicht mehr zu überhören. Die Äußerung von Grünen-Chefin Claudia Roth - "Ich bin irritiert, um es freundlich zu sagen" - dürfte vielen Abgeordneten von Rot-Grün aus dem Herzen gesprochen haben.

So flog Scharping Turbulenzen entgegen. Die Opposition will ihn am Dienstag auf einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses anhören, die SPD-Fraktion kündigte Gesprächsbedarf an. Zuvor wird sich der Minister der SPD-Führung erklären müssen. Am Montag tagen Präsidium und Parteirat, und einige der Anwesenden werden am Wochenende in ihren Wahlkreisen auch die Stimme des Parteivolks vernommen haben. Scharping selbst teilte vorsorglich mit, er wäre gar nicht geflogen, hätte die Maschine der Flugbereitschaft nicht ohnehin bereit gestanden, um erst Innenminister Otto Schily in die Toskana und dann Verkehrsminister Kurt Bodewig nach Mallorca zu bringen. Von beiden ist freilich nicht bekannt, dass sie schon am nächsten Morgen wieder neuerlichen Flugbedarf hatten.

Die Frage, ob Scharping im Amt bleiben könne, hat Müntefering mit einem knappen "ja, natürlich" beantwortet. Vom Kanzler und Parteichef ist - der Unterstützung zum Trotz - bekannt, dass er auf die Pool-Bilder verärgert reagiert haben soll. Dass die SPD-Spitze Scharping dennoch schnell in Schutz nahm und der Kanzler es mit einem direkten Gespräch bewenden lassen wollte, dürfte auch einen personalpolitischen Grund haben: In der SPD gibt es nicht viele anerkannte Wehrpolitiker, Namen von Nachfolgern drängen sich nicht auf, Freiwillige wird es kaum geben. Denn das Ministerium gilt als schwierige Aufgabe - in Zeiten des Sparens und Kürzens ohnehin.

Der Arbeitsgruppe der Bundestagsfraktion für Sicherheitsfragen sitzt der 65-jährige Oberst a.D. Peter Zumkley aus Hamburg vor. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, der 67-jährige Duisburger SPD-Abgeordnete Helmut Wieczorek, ist eher als Haushaltspolitiker bekannt. Scharpings Parlamentarische Staatssekretäre gehören eher zu den Stillen in der Fraktion: die frühere Lehrerin Brigitte Schulte aus Hameln und Walter Kolbow, Hauptmann der Reserve und neben dem Ex-General Manfred Opel noch der bekannteste Wehrpolitiker der SPD-Fraktion.

So wurde über andere Namen spekuliert: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Hans-Ulrich Klose, früher einmal Regierungschef in Hamburg, wurde genannt. Hanseatische Herkunft scheint in der SPD für militärische Aufgaben zu prädestinieren: Scharpings letzter SPD-Vorgänger Hans Apel, Minister von 1978 bis 1982, kam aus der Hamburger SPD, wie zuvor der erste SPD-Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt. Vielleicht fiel deshalb am Samstag auch der Name von Henning Voscherau als möglicher Scharping-Nachfolger. Er war auch einmal Erster Bürgermeister der Hansestadt.

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