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Karsten Mühlenfeld und Michael Müller sind ihre Jobs am BER los, Engelbert Lütke Daldrup übernimmt.

© Gregor Fischer/dpa

Flughafen BER: Mühlenfeld und Müller gehen - was kommt jetzt?

Das Personalkarussell am BER dreht sich weiter. Karsten Mühlenfeld und Michael Müller räumen das Feld. Was bedeutet das für die Milliarden-Baustelle? Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Am unvollendeten Berliner Flughafen, der seit 2006 gebaut und nicht fertig wird, lösen sich inzwischen abgesagte Eröffnungstermine und Managerwechsel ab. Nach zweiwöchigem Führungskrach mit dem vom Berliner Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) geführten Aufsichtsrat, räumt jetzt der nächste BER-Chef seinen Posten: Karsten Mühlenfeld, der seit 2015 die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) führte, tritt ab. Sein Nachfolger wird der Berliner Flughafenstaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup – Müllers „Mister BER“. Müller selbst und die Berliner Senatoren verlassen den Aufsichtsrat.

Wie kam es zu dem Personalwechsel?

An Problemen auf der Baustelle lag es diesmal nicht. Auf der Pressekonferenz am Montag nach der Sondersitzung erinnerte Müller daran, dass der Aufsichtsrat vor zwei Wochen nach der Absage der Eröffnung im Jahr 2017 der Geschäftsführung, also Mühlenfeld und Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster, aber auch Technikchef Jörg Marks, „das Vertrauen ausgesprochen“ habe.

Danach war der Konflikt zwischen Mühlenfeld und dem Aufsichtsrat eskaliert, das Verhältnis zwischen dem Management der Flughafengesellschaft, der Politik und dem Aufsichtsrat am Ende irreparabel gestört. Auslöser war zunächst, dass Mühlenfeld vor zwei Wochen Technikchef Marks abgelöst und durch den über einen Beratervertrag angeheuerten früheren Bahnmanager Christoph Bretschneider ersetzt hatte, obwohl Müller, die Vertreter der Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund, aber auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat dringend davon abgeraten hatten. Vor allem Berlin und der Bund forcierten Mühlenfelds Ablösung, die mit einem gestörtem Vertrauensverhältnis begründet wurde.

Freilich, zwischen Müller und Mühlenfeld hat es nie ein Vertrauensverhältnis gegeben. Es gab faktisch keinen Draht zwischen den beiden wichtigsten BER- Verantwortlichen, da Müller – bis auf die Leitung der Aufsichtsratssitzungen – am BER alles Lütke Daldrup überließ. Auch das hat dazu beigetragen, dass jetzt alles aus dem Ruder lief.

Warum fand sich kein externer Manager?

Das hat mit der Kürze der Zeit und der Eigendynamik der letzten Tage zu tun, aber auch mit dem holprigen Management durch Müller. Als der Bund vorigen Montag die Sondersitzung des Aufsichtsrates beantragte, berief Müller diese sofort für den Mittwoch ein. Dort waren sich außer den Brandenburgern, die an Mühlenfeld festhielten, alle einig, dass der Flughafenchef abgelöst werden müsse.

Aber niemand hatte einen Plan, durch wen. Erst danach begann die Suche. In so kurzer Zeit fand sich niemand, der so schnell aus laufenden Verträgen gekonnt hätte und zum BER wollte. Auch der Anlass des Konflikts, also der Eingriff des Aufsichtsrats in eine Personalentscheidung des Managements, machte es nicht leichter. Am Sonntag hatte Thomas Weyer abgesagt, der Finanz- und Technikchef am Münchener Flughafen ist und von 2004 bis 2008 schon einmal Technikchef der Berliner Flughäfen war. Er war der Favorit Berlins.

Was verändert sich im Aufsichtsrat?

Ein Nebeneffekt der aktuellen BER-Krise ist, dass künftig keine Politiker mehr im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft vertreten sind. Das hatte der Landesrechnungshof Brandenburgs 2015 nach einer Tiefenprüfung gefordert, da, so die Erkenntnisse der Finanzkontrolleure, Regierungschefs, Minister und Senatoren nicht ansatzweise die Zeit für die Kontrolle eines solchen Milliardenprojekts hätten.

Müller, seit Anfang 2015 Aufsichtsratsvorsitzender, verlässt das Gremium. Das sei schon aus Compliance- Gründen selbstverständlich, wie er sagte. Dieser Schritt führt automatisch zum Rückzug der Berliner Senatoren Klaus Lederer (Linke) und Dirk Behrend (Grüne) aus dem Kontrollgremium. Künftig wird Berlin wie bereits Brandenburg mit Staatssekretären vertreten sein.

Wer ist Rainer Bretschneider, der nun wohl anstatt Müller Aufsichtsratschef wird?

Er ist Brandenburgs „Mister BER“, der Mann, der für Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) das Milliardenprojekt auf dem Territorium Brandenburgs begleitet. Er ist politisch zum Bund, nach Berlin und in Brandenburg auch in die Reihen der Opposition bestens vernetzt. Eigentlich könnte der Staatssekretär Bretschneider, Jahrgang 1948, längst in Pension sein, Brandenburg lässt ihn wegen des BER länger im Dienst.

Seit Dezember 2013 ist er bereits Vizechef des Aufsichtsrats. Zum Vorsitzenden muss er allerdings noch gewählt werden. Es ist der Job, den er immer gern machen wollte.

Wie teuer wird der Abgang von Mühlenfeld?

Anders als etwa beim Rausschmiss des früheren Flughafenchefs Rainer Schwarz, der nach der abgesagten Eröffnung gehen musste, wird diesmal zumindest nicht die Millionengrenze überschritten: Beide Seiten haben sich geeinigt, dass Mühlenfeld (Jahresgehalt 500.000 Euro) für dieses Jahr unter Erhalt seiner vollen Bezüge freigestellt wird und für 2018 noch einmal 80 Prozent davon erhält. Danach ist Schluss, regulär wäre er noch bis 2020 unter Vertrag, was auf 1,5 Millionen Euro hinausgelaufen wäre. So vermeiden beide Seiten Prozesse und weitere Auseinandersetzungen.

Warum wird Jörg Marks zurückgeholt?

Im Aufsichtsrat fiel auch diese Personalentscheidung am Ende einstimmig. Doch haben insbesondere die Brandenburger mit dieser Personalie weiter Probleme. Marks war bislang nur freigestellt, ist ab sofort wieder Technikchef und damit BER-Projektverantwortlicher. Man habe, was Marks anging, zwar auch manche Dinge kritisch gesehen, erklärte Müller. „Es war uns wichtig, dass das Know How von Herrn Marks erhalten bleibt.“

Mühlenfeld hatte seinen Versuch, die Bauleitung zu wechseln, mit regelmäßig nicht eingehaltenen Terminen begründet. Nach Tagesspiegel-Recherchen hat die Flughafengesellschaft seit Herbst 2015 keinen einzigen Termin im damals noch auf einen Start 2017 ausgerichteten Fahrplan einhalten können. In der für den BER zuständigen Baubehörde des Kreises Dahme-Spreewald, die ziemlich genau im Bilde ist, was klappt oder schiefläuft, sieht man Marks seit geraumer Zeit kritisch. Die Probleme im vergangenen Jahr, auch in den Baugenehmigungsverfahren, habe man mit Mühlenfeld gelöst, heißt es dort.

Was hat es mit dem Papier „Problemthemen Bau“ eines anonymen Insiders auf sich?

Das Papier, das seit dem Wochenende bei Berliner und Brandenburger Aufsichtsräten kursiert, listet auf zwei Seiten detailliert Versäumnisse des Technikchefs auf. Es stammt offenkundig aus der „Mühlenfeld-Ecke“, ist womöglich für die Geschäftsführung erstellt worden.

Auf der Pressekonferenz erklärte Müller dazu, es sei „interessengeleitet“, deshalb habe man es sofort zur Seite gelegt. „Das hat niemand ernsthaft zur Kenntnis genommen.“ Wenn das stimmen sollte, wäre das allerdings fahrlässig. Das Papier enthält präzise Hinweise auf drohende weitere Verzögerungen auf der Baustelle. Ein Beispiel: Der Termin 2017 war jüngst auch mit der Begründung abgesagt worden, dass wegen der Ende 2016 erkannten zu geringen Dimensionierung der Sprinkleranlage in den nächsten Monaten zwei Kilometer Rohre ausgetauscht werden müssen. Die Planungen dafür sollen im März vorliegen, wurde öffentlich angekündigt. Im Papier heißt es dazu, das Risiko bleibe, dass spätere Berechnungen weitere Änderungen erfordern.

Verzögert der Wechsel die BER-Eröffnung?

Am 17. März tagt der Aufsichtsrat regulär das nächste Mal. Bis zum Frühjahr, so lautet die bisher Vorgabe des Aufsichtsrats, soll das Management einen belastbaren Eröffnungstermin nennen. Es war schon bisher eng. Die Chancen, dass der BER 2018 starten kann, sind noch geringer geworden.

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