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Flugzeugabsturz: Flugverbot für Privatpiloten am Reichstag

Als Konsequenz aus dem Absturz eines Kleinflugzeugs vor dem Reichstag gilt über der Berliner Innenstadt künftig ein Flugverbot für Privatflieger und Hobbypiloten.

Berlin (24.07.2005, 21:28 Uhr) - Nach dem Absturz einer kleinen Doppeldecker- Maschine vor dem Reichstagsgebäude in Berlin kam die Reaktion am Sonntag überraschend schnell. Künftig soll über der Berliner Innenstadt, das Regierungs- und Parlamentsviertel eingeschlossen, ein Flugverbot für Privatflieger und Hobbypiloten gelten.

Die Vereinbarung von Bund und Land Berlin könnte eine aufgeregte Debatte über den Schutz der Regierungsgebäude wieder verstummen lassen, in der sogar der Einsatz von Luftabwehrraketen und Kampfhubschraubern erwogen wurde.

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD), der das Flugverbot bei einem Treffen mit dem Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verabredet hatte, machte jedoch deutlich: «Wir geben keine Garantie für die Vermeidung von Katastrophen.»

Körting schwenkte binnen nur eines Tages um. Noch am Samstag hatte der Senator ein Überflugverbot für das Stadtgebiet als unwirksam abgelehnt. Vom Rande Berlins bis in seine Mitte betrage die Flugzeit nur wenige Minuten. «Absolute Sicherheit» gebe es nur, wenn man im Umkreis von 100 oder 200 Kilometern um Berlin eine Flugverbotszone einrichte, hatte Körting gesagt. Es bleibe ein «Restrisiko».

Das sah die Deutschen Flugsicherung (DFS) auch am Sonntag noch so. «Der Vorfall vom Freitag wäre dadurch ja auch nicht verhindert worden», sagte DFS-Sprecher Axel Raab zu einem Überflugverbot. Ultraleichtflugzeuge wie jenes, das vor dem Reichstag abstürzte, seien bei ausgeschaltetem Transponder, der den Radarstrahl reflektiert, nicht auf dem Radarschirm zu sehen.

Außerdem könne grundsätzlich nicht verhindert werden, dass ein Pilot ein solches Flugverbot übertritt. «Ein Bankräuber, der eine Bank überfallen will, lässt sich auch nicht von einem Parkverbot vor der Bank abschrecken», sagte Raab.

In der Union, die angesichts der allgemeinen Terrorbedrohung seit längerem einen Einsatz der Bundeswehr im Innern fordert, ging der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) am weitesten: «Geprüft werden muss der Einsatz von Luftabwehrraketen und Kampfhubschraubern. Wir müssen die Fähigkeit haben, mit jedem Flugobjekt fertig zu werden.» Die Bundeswehr müsse in der Lage sein, Flugverbote vollständig überwachen zu können. Körting wies das zurück. Er wolle keinen «Luftkampf über Berlin».

Als Reaktion auf den 11. September 2001 und den Irrflug eines Sportflugzeuges Anfang 2003 über Frankfurt am Main ist seit Januar dieses Jahres ein Luftsicherheitsgesetz in Kraft. Ein als Waffe eingesetztes Flugzeug kann nun im Extremfall abgeschossen werden. Dazu muss es allerdings erst einmal als gefährliches Objekt erkannt werden. Wenn die Flugsicherung ein Flugzeug bemerkt, das auf Kanzleramt oder Reichstag zufliegt, würde das sofort dem Nationalen Lage- und Führungszentrum der Bundesluftwaffe gemeldet. Dann würden Abfangjäger aufsteigen.

Leichtflugzeuge wie der abgestürzte «Kiebitz» können allenfalls 50 Kilo zuladen. Eine solche Menge Sprengstoff könnte durchaus einigen Schaden anrichten, ein großes Gebäude aber nicht zum Einsturz bringen.

Am Freitagabend war schnell klar, dass kein Terrorist versucht hatte, das Herz der Hauptstadt mit einem Anschlag zu treffen. Die Indizien sprachen für einen Selbstmord des Piloten aus Brandenburg. Auch ein Unfall kam am Sonntag als Ursache noch in Betracht.

Inzwischen ist der Absturzort eine kleine Touristenattraktion. Berlin-Besucher fotografieren den großen schwarzen Brandfleck, der von dem Unglück auf der großen Wiese vor dem Sitz des Bundestages geblieben ist. (Von Bernd Röder, dpa)

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