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Finanzminister Wolfgang Schäuble (links) und Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Freitag in Berlin.

© AFP

Folgen des Brexit-Votums: Finanzminister Schäuble kritisiert Boris Johnson

Londons Außenminister Johnson will die Vorteile des EU-Binnenmarktes nutzen, aber die EU-Einwanderung begrenzen. Finanzminister Schäuble weist dies zurück.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein französischer Amtskollege Michel Sapin haben die Forderung des britischen Außenministers Boris Johnson zur Begrenzung der EU-Einwanderung bei einer gleichzeitigen weiteren Teilnahme am EU-Binnenmarkt zurückgewiesen. „Der Binnenmarkt hat etwas mit den vier Grundfreiheiten in Europa zu tun“, sagte Schäuble am Freitag nach einem Treffen mit Sapin in Berlin im Rahmen des regelmäßig tagenden deutsch-französischen Finanz- und Wirtschaftsrats. Sapin ergänzte: „Die vier Grundfreiheiten sind unteilbar.“

Bei den vier Grundfreiheiten im EU-Binnenmarkt handelt es sich um die Freizügigkeit von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Johnson hatte erklärt, es sei „Quatsch“, wenn behauptet werde, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Zugang zum EU-Binnenmarkt und der Personenfreizügigkeit gebe. Nach dem Brexit-Votum vom 23. Juni strebt die britische Regierung eine Begrenzung der Personenfreizügigkeit an, möchte den Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital mit den verbleibenden 27 EU-Ländern aber möglichst unverändert fortsetzen. So hatte Johnson gefordert: „Wir sollten eine Handelsvereinbarung im großen Stil anstreben und wieder die Kontrolle über unsere Einwanderungspolitik zurückerlangen.“

Allerdings ist immer noch nicht klar, wann Großbritannien den Scheidungsantrag nach Artikel 50 des EU-Vertrages einreicht, der den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und den bisherigen EU-Partnern den Weg ebnen wird. Während Johnson sagte, dass London voraussichtlich zu Beginn des kommenden Jahres die Artikel-50-Prozedur auslösen werde, wollte Regierungschefin Theresa May dies nicht bestätigen.

Schäuble: Briten müssen erst einmal wissen, was sie wollen

Schäuble sagte, dass sich Deutschland und Frankreich in ihrer gemeinsamen Linie nach dem britischen Referendum einig seien. Beide Länder seien der Auffassung, dass der mögliche wirtschaftliche Schaden möglichst gering gehalten werden müsse. Dies setze allerdings voraus, „dass die Briten erst einmal ein bisschen genauer wissen, was sie wollen“. Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte, dass die kurzfristigen Auswirkungen des Brexit-Votums auf die Euro-Zone voraussichtlich begrenzt sein würden.

Ex-Schatzkanzler Osborne warnt vor "hartem Brexit"

Derweil warnte der frühere britische Schatzkanzler George Osborne die Londoner Regierung vor einem „harten Brexit“. Osborne, der vor dem Referendum für einen Verbleib in der Europäischen Union geworben hatte und nach dem 23. Juni aus der Regierung ausgeschieden war, sprach sich dagegen aus, die gesamte Zusammenarbeit mit der EU einzustellen. In einer Rede in Chicago äußerte Osborne zudem die Vermutung, dass es bei den anstehenden Austrittsverhandlungen erst greifbare Fortschritte geben werde, wenn im kommenden Jahr die Präsidentschaftswahlen in Frankreich und die Bundestagswahlen in Deutschland stattgefunden haben.

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