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Folteraffäre: Lynndie England bekennt sich schuldig

Die US-Soldatin Lynndie England, eine der Schlüsselfiguren im Misshandlungsskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghraib, hat sich vor dem Militärgericht in Fort Hood schuldig bekannt. Der Richter akzeptierte das Schuldbekenntnis der 22-Jährigen. (03.05.2005, 16:06 Uhr)

Washington - Nach ihrem Schuldbekenntnis im Abu-Ghraib-Verfahren hofft die US-Soldatin Lynndie England jetzt auf ein mildes Urteil. Das Schicksal der Obergefreitin liegt in den Händen einer neunköpfigen Militärjury, die am Dienstag ausgewählt werden sollte. Nach dem Schuldbekenntnis könnte Lynndie England mit 30 Monaten Haft davonkommen. Eine Maximalstrafe von elf Jahren schlossen Rechtsexperten praktisch aus, nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Gegenzug für ihr Schuldeingeständnis eine zweieinhalbjährige Strafe empfohlen hatten.

Am Montag hatte der Richter in dem Verfahren auf dem Stützpunkt Fort Hood in Texas das formelle Schuldeingeständnis akzeptiert. Allerdings zeigte er sich deutlich verärgert, als die 22-jährige wiederholt erklärte, sie habe sich dem Druck von Kameraden gebeugt und «mitgemacht», weil man sie einfach «nicht in Ruhe gelassen» habe. Sie habe sich dann gesagt «was soll's» und sich beteiligt, fuhr die Soldatin Medienberichten zufolge fort. Erst auf mehrfaches Nachhaken des Richters und die Frage, warum sie nicht einfach «weggegangen» sei, räumte die junge Frau es ein, dass es moralisch und rechtlich falsch gewesen sei, Gefangene zu sexuellen Posen zu zwingen und sie dadurch zu demütigen.

England bekannte sich unter anderem der Misshandlung, des Verstoßes gegen ihre Dienstvorschriften und der Verschwörung schuldig. Sie war auf zahlreichen der Fotos aus dem Gefängnis zu sehen, die vor einem Jahr weltweit Abscheu ausgelöst hatten. So posierte sie grinsend mit einer Zigarette im Mundwinkel vor nackten Irakern. Auf einem anderen Bild hielt sie einen am Boden liegenden Gefangenen wie einen Hund an der Leine.

Viele dieser Bilder seien während eines Gelages am Vorabend ihres 21. Geburtstages entstanden, sagte die Angeklagte. Sie habe sich zunächst geweigert, an den Misshandlungen teilzunehmen, aber ihre Kameraden hätten darauf beharrt. Sie habe es dann auch «okay» gefunden, weil es sich um US-Soldaten gehandelt habe, die älter und erfahrener als sie gewesen seien.

Eine Entscheidung über das Strafmaß für die Soldatin wird noch in dieser Woche erwartet. Bislang gab es wegen des Abu-Ghraib-Skandals Verfahren und Prozesse gegen sieben Soldaten. Als einer der Hauptbeschuldigen wurde Englands Exgeliebter Charles Graner, Vater des Kindes der Obergefreitin, im Januar zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er hatte sich mit dem Argument verteidigt, Vorgesetzte und Geheimdienstleute hätten die Misshandlungen initiiert oder geduldet.

Eine Untersuchungskommission der Streitkräfte hatte vergangene Woche die Militärspitze der US-Streitkräfte im Irak von jeder Mitverantwortung an dem Skandal freigesprochen. Lediglich eine Brigadegeneralin muss mit einem Verweis rechnen. (tso) (tso)

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