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Politik: Foltervermerk erst nach Monaten in Akten

Anwalt im Januar offiziell über Drohungen informiert / Wegen Polizei-Fehlern keine Höchststrafe?

Frankfurt (Main)/Berlin (Tsp). Der Verteidiger des mutmaßlichen Mörders Magnus G. ist erst Monate später davon informiert worden, dass sein Mandant von der Polizei mit Folter bedroht wurde. Rechtsanwalt Ulrich Endres bestätigte dem Tagesspiegel, der entsprechende Vermerk von Frankfurts Polizeivizepräsident Daschner sei erst „nach dem 22. Januar 2003 zu den Akten gekommen". Erst dann erfuhr Endres offiziell, unter welchen Umständen Magnus G. am 1. Oktober 2002 bei der Kripo die Tat gestanden hatte.

Das in der vergangenen Woche vom Tagesspiegel enthüllte, streng vertrauliche Dokument belegt auf zwei Seiten die Anordnung Daschners, „zur Rettung des Lebens des entführten Kindes" sei G. „nach vorheriger Androhung, unter ärztlicher Aufsicht, durch Zufügung von Schmerzen (keine Verletzungen)" zu befragen, der Tatverdächtige auf die „bevorstehende Verfahrensweise vorzubereiten". Keine 25 Minuten später gab G. zu, Jakob sei tot und wies den Weg zur Leiche. Ein hoher Frankfurter Richter sagte dem Tagesspiegel: „Die Polizei hat der Justiz einen Bärendienst erwiesen.“ Für den im April anstehenden Mordprozess gilt als entscheidend, wie das Gericht die GeständnisUmstände wertet. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass der Verteidiger monatelang nichts von dem tatsächlichen Druck wusste, unter dem sein Mandant zuerst Angaben gemacht hatte. Hätte Endres das Papier gekannt, hätte er G. womöglich zum Schweigen geraten. Das Verhalten der Polizei könnte nach Meinung von Justizbeobachtern nun dazu führen, dass dem mutmaßlichen Mörder die Höchststrafe erspart bleibt.

Der Streit um Polizeifolter hat sich unterdessen wieder verschärft. Brandenburgs Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) fordert, darüber „nachzudenken, wenn durch Terroristen eine Gefahr für eine Vielzahl von Menschen droht“, meldete „Spiegel-Online“.

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