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Politik: Forscher: Grüne verliebt ins Regieren Parteienforscher Raschke über den Koalitionsstreit und Betriebsunfälle

Wenn ein Regierungschef seinen Koalitionspartner „zum Kotzen“ findet, muss man sich ernsthaft um den Fortbestand des Bündnisses sorgen. Oder etwa nicht?

Wenn ein Regierungschef seinen Koalitionspartner „zum Kotzen“ findet, muss man sich ernsthaft um den Fortbestand des Bündnisses sorgen. Oder etwa nicht? Der Politikwissenschaftler Joachim Raschke sieht die Querelen in der rot-grünen Koalition als normale Reibereien im Politikbetrieb. „Im Verhältnis zu manchen Vorgängern sind die Grünen sogar ein harmloser Regierungspartner“, sagt der emeritierte Professor, der sich mit seinem im Jahr 2001 erschienenen Buch „Die Zukunft der Grünen“ als Kenner der ehemaligen Protestpartei einen Namen machte. „Das rot-grüne Bündnis wird auf jeden Fall bis 2006 Bestand haben.“

Der Hauptgrund aus Raschkes Sicht: Weder die SPD noch die Grünen wollen die Regierungsbank verlassen. Zwar muss sich der kleine Koalitionspartner hin und wieder – auch von Bundeskanzler Schröder – den Vorwurf gefallen lassen, er agiere immer noch wie eine Oppositionspartei, doch nach Raschkes Ansicht ist das eine Fehleinschätzung. „Die Grünen haben inzwischen ihre Rolle als Regierungspartei nicht bloß gefunden, sondern sind regelrecht ins Regieren verliebt“, sagt der Parteienforscher. Dass sich der kleine Koalitionspartner gegen die große SPD etwa in der Gesundheits- oder Energiepolitik abgrenze, sei notwendig zur eigenen Profilierung und habe nichts mit einer Oppositionshaltung zu tun. Und die SPD? „Auch die hat ihre Rolle als Vollblutregierungspartei längst gefunden“, ist sich Raschke sicher. Dagegen habe sich die Union mit dem Regierungswechsel 1998 bis heute nicht arrangiert. „Für CDU und CSU ist Rot-Grün eine illegitime Regierung, quasi zwei Betriebsunfälle nacheinander“, so Raschke. Eine Alternative ist die Union aber nicht: „Sie ist weiter auf der Suche nach Führung und Richtung. Deshalb fehlt ihr eine Strategie.“ Diese Schwäche sei wiederum eine Stärke der Regierung.

Einen anderen Koalitionspartner als die Grünen könne Schröder seiner SPD derzeit ohnehin nicht verkaufen, glaubt der Politikwissenschaftler. Endgültig gefestigt habe das Bündnis nun der „Schröder-Fischer- Pakt“: „Das Bekenntnis von Schröder und Außenminister Fischer, sich 2006 gemeinsam zur Wiederwahl zu stellen, war eine klare Festlegung.“

Merlind Theile

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