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Forschung: London erlaubt Embryonen-Produktion aus Mensch und Tier

Die Herstellung sogenannter Chimären wurde im Vorfeld der Abstimmung heftig diskutiert. Nun stimmte das Unterhaus in London eindeutig gegen ein Verbot von Mensch-Tier-Embryonen. Damit sind auch Verbindungen aus Mensch und Kaninchen oder einer Ziege denkbar.

Eine bizarre Vorstellung: Embryos, bestehend aus menschlichem und tierischem Erbgut. Das soll in Großbritannien ganz legal möglich sein. Das Unterhaus in London hat am Montagabend mit großer Mehrheit für die Produktion von Mischwesen aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Tieren für die Forschung gestimmt. Mit 336 zu 176 Stimmen wiesen die Abgeordneten einen Antrag zurück, sogenannte Hybriden-Embryonen generell zu verbieten, wie der Sender BBC berichtete. Dem Entwurf zufolge müssen Tier-Mensch-Embryonen allerdings nach spätestens zwei Wochen zerstört werden und dürfen nicht in die Gebärmutter einer Frau eingepflanzt werden. Bislang sollen solche Chimären nur in den USA, Südkorea und China zu Forschungszwecken produziert worden sein. In Europa gaben vor wenigen Wochen britische Forscher der Universität Newcastle bekannt, dass sie ein Mischwesen erzeugt und damit einen wichtigen Erfolg für die Stammzellenforschung erzielt hätten.

Die Produktion solcher Chimären ist höchst umstritten. Dem Parlamentsvotum war eine heftige Kontroverse vorausgegangen. Kritiker sprachen von "monströsen" Auswüchsen der Forschung und einem Herumpfuschen an der Natur. Die katholische Kirche verurteilt die Versuche scharf. In dieser Weise dürfe nicht mit Leben herumgedoktert werden.

Premierminister Gordon Brown hatte sich nachdrücklich für ein Ja zur Embryonenforschung ausgesprochen. Es sei eine "moralische Anstrengung", mit der Tausende und langfristig Millionen Leben gerettet werden könnten. Befürworter hoffen, damit Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson besser behandeln zu können. Wegen der stark abweichenden Meinungen durften die Abgeordneten unabhängig von Partei- und Fraktionszugehörigkeit nur ihrem Gewissen folgend votieren.

Auf dem Weg zur "Frankenstein-Wissenschaft"?

Der konservative Politiker Edward Leigh prangerte eine "Frankenstein-Wissenschaft" an. "Ich glaube, dass die Wissenschaft wunderbare Dinge vollbringt, aber sie kann auch Schreckliches tun", mahnte Leigh. "Nach meiner Überzeugung sollte die Wissenschaft unser Diener sein und nicht unser Herr." Leigh brachte den Antrag ein, der auch von Politikern anderer Fraktionen unterstützt wurde. Er warnte, Großbritannien drohe zum "Schurkenstaat der Wissenschaft" zu werden.

Britische Forscher hatten bereits im April Hybrid-Embryonen geschaffen - allerdings nur mit einer Sondergenehmigung der zuständigen britischen Behörde HFA. Nun soll die Erzeugung von Chimären-Embryonen zu Forschungszwecken generell erlaubt werden. Das entsprechende Gesetz könnte bereits 2009 in Kraft treten, wie es heißt.

Nach Angaben der Universität Newcastle von Anfang April wurden Embryonen aus menschlichem Erbgut, das aus Hautzellen gewonnen wurde, und Eizellen von Kühen geschaffen. Ein Argument der Forscher ist, dass tierische Eizellen im Gegensatz zu menschlichen unbegrenzt zur Verfügung stünden. Die Embryonen seien nach drei Tagen wieder zerstört worden.

Mensch - mit Kaninchen oder Ziege

In einem weiteren Versuch wollten die Forscher die Hybriden zunächst sechs Tage leben lassen. Sollten die Versuche erfolgreich sein, könnten auch Embryonen aus Mensch und Kaninchen, Ziegen und anderen Tieren entstehen. Ähnliche Experimente wollten auch Stammzellenforscher am King's College in London vornehmen. Auch sie haben eine Behördengenehmigung.

Ähnliche Experimente wie in Großbritannien wurden nach Auskunft der jeweiligen Wissenschaftler bereits 1998 in den USA und 2002 in Südkorea vorgenommen. 2003 veröffentlichten chinesische Forscher eine Arbeit über das Herstellen eines Embryonen aus Kaninchen-Eizellen und menschlichem Erbgut im Fachjournal "Cell Research". (mpr/dpa)

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