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Frankreich: Alle Augen auf Chirac gerichtet

Nach den Streiks und Massendemonstrationen gegen den Abbau des Kündigungsschutzes in Frankreich setzen die Gewerkschaften bei der Suche nach einem Ausweg aus der Krise auf Präsident Jacques Chirac.

Paris - Die großen Gewerkschaften riefen Chirac gemeinsam auf, das umstrittene Reformgesetz ans Parlament zurückzuverweisen, weil Premierminister Dominique de Villepin eine Rücknahme der Reform ablehnt. Der Elyséepalast erklärte am Mittwoch, Chirac werde in den kommenden Tagen zu dem Thema Stellung nehmen.

In Paris hieß es, Chirac wolle die für Donnerstag erwartete Entscheidung des Verfassungsrates (Verfassungsgericht) über die formale Rechtmäßigkeit des Gesetzes abwarten. Als Vorbedingung für Gespräche über eine Arbeitsmarktreform verlangen die Gewerkschaften, dass die Verlängerung der Probezeit für Berufsanfänger auf zwei Jahre rückgängig gemacht wird. Villepins einst hohe Popularität hat in der Krise erheblich gelitten. Die Zeitung «Le Monde» (Donnerstagausgabe) berichtet, Villepin habe weitere sieben Punkte auf 29 Prozent verloren. Die Umfrage des Sofres-Instituts solle am 1. April veröffentlicht werden.

Eine Lage voller Gefahren

Villepins Unnachgiebigkeit nährt in den Gewerkschaften die Streikbereitschaft. Die CGT rief für Donnerstag und Freitag zu Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst auf. Beim Radiosender RFI und bei Druckereien setzten die Beschäftigten am Mittwoch den am Vortag begonnenen Streik gegen Villepins Reform fort. Für Anfang April wird ein Generalstreik ins Auge gefasst. Die Studenten setzten am Donnerstag ihre Hochschulblockaden fort. In Städten wie Rennes und Nantes sperrten Studenten stundenlang große Verkehrsachsen. Empörung rief bei den Studenten eine Äußerung des Bildungsministers Gilles de Robien hervor. Dieser hatte gesagt, die Demonstrationen von einer bis drei Millionen Menschen seien «bedeutend, aber mit Sicherheit nicht beeindruckend» gewesen.

Innenminister Nicolas Sarkozy forderte in einem Interview der Zeitung «Le Parisien» (Mittwochausgabe) «echte Verhandlungen ohne Vorbehalte» mit den Gewerkschaften. Die Lage stecke voller Gefahren, sagte Sarkozy. Ein Kompromiss sei keine Schande. Grünen-Politiker erklärten, Villepin habe «keine Legitimation mehr» und müsse zurücktreten. Auch die Kommunistische Partei rief Villepin zum Rücktritt auf. Die Sozialisten erklärten, man dürfe «das Land nicht gegen die Wand fahren lassen, nur weil ein Mann sich alleine gegen alle versteift». In Regierungskreisen wurde die Befürchtung geäußert, die Dauerkrise schädige das Ansehen Frankreichs in der Welt. (tso/dpa)

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