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Frankreich: Der Druck auf Villepin steigt

Landesweite Streiks und Demonstrationen gegen die umstrittene Arbeitsrechtsreform: In Frankreich haben Gewerkschaften, Schüler und Studenten den Druck auf Premierminister Dominique de Villepin verstärkt.

Paris - Am vierten Aktionstag demonstrierten bereits mittags Hunderttausende in Marseille, Rouen und Nantes gegen die umstrittene Arbeitsrechtsreform des Regierungschefs. Fast überall gingen weit mehr Menschen auf die Straße als während des nationalen Demonstrationstages vom 18. März.

Zahlreiche Arbeitsniederlegungen trafen den öffentlichen Verkehr und das Schulwesen besonders hart. Etwa 30 Prozent der Flüge wurden gestrichen. Präsident Jacques Chirac bleibt wegen der angespannten Lage in Paris, er sagte eine Reise nach Le Havre am Donnerstag ab.

In dem verhärteten Konflikt haben die führenden Gewerkschaften ein neues Gesprächsangebot des Premierministers für Mittwoch abgelehnt. Villepin hatte Gewerkschaften und Studentenverbände am Vorabend des Aktionstages schriftlich eingeladen, mit ihm über "Anpassungen" der Reform zu sprechen. Die Gegner verlangen eine Rücknahme des Gesetzes zum Ersteinstellungsvertrag (CPE).

Villepin lehnte es am Dienstag einmal mehr ab, das Gesetz zurückzuziehen, ist aber nach Angaben aus Regierungskreisen bereit, über die darin vorgesehene zweijährige Probezeit für Berufsanfänger unter 26 Jahren zu reden. Er sei dabei weiterhin dagegen, dass Kündigungen in der CPE-Probezeit begründet werden müssten. "Villepin will diese Krise allerdings so rasch wie möglich beenden", hieß es.

Der Unternehmerverband MEDEF ist nicht dagegen, die Reform auszusetzen, um in der verfahrenen Lage einen Dialog in Gang zu bringen. "Das ist allerdings Sache des Premierministers und der Regierung", sagte MEDEF-Präsidentin Laurence Parisot am Dienstag. Auch der Innenminister und Villepin-Rivale Nicolas Sarkozy sprach sich dafür aus, die Reform für Verhandlungen zunächst auszusetzen.

Es sei nicht vernünftig, wenn die Gewerkschaften ultimativ die Zurücknahme des gelockerten Kündigungsschutzes für Berufsanfänger forderten, sagte Parisot. Andererseits sei aber "ein gefährlicher Punkt der Spannung und der Krise für unser gesamtes Land erreicht."

Weil Übergriffe von Krawallmachern befürchtet werden, haben Gewerkschaften und Verbände ihre Ordnungsdienste verstärkt. In Paris ist die Zahl eingesetzter Polizisten auf 4000 erhöht worden. Dort war es am vergangenen Donnerstag zu äußerst schweren Krawallen gekommen. Erste Auseinandersetzungen zwischen etwa 100 Randalierern und den Polizeikräften gab es mittags in Savigny-sur-Orge südlich von Paris.

Jeder dritte TGV-Hochgeschwindigkeitszug und 60 Prozent der Regionalzüge fuhren nach SNCF-Angaben nicht, 27,7 Prozent der Eisenbahner streikten. Im Bildungswesen waren nach Behördenangaben 43 Prozent der Lehrer und 27 Prozent des übrigen Personals im Streik. (tso/dpa)

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