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Front-National-Chefin Marine Le Pen

© AFP

Frankreich: Der Populismus des Front National - kein Selbstläufer

In der ersten Runde der Départementswahl in Frankreich haben die Wähler der Front-National-Chefin Marine Le Pen einen Dämpfer erteilt. Doch sie bleibt eine Gefahr für Frankreich - weil Politiker wie Nicolas Sarkozy längst ihre Parolen übernommen haben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Was hatte man vor dieser Départementswahl nicht alles über die Franzosen gesagt: Dass sie frustriert sind. Dass sie die politische Orientierung verloren haben. Dass sie angesichts der jahrelangen abwechselnden Zwei-Parteien-Herrschaft der sozialistischen PS und der konservativen Oppositionspartei UMP desillusioniert sind. Vieles davon bleibt auch nach der ersten Runde der Départementswahl wahr. Aber seit Sonntag ist auch eine neue Erkenntnis hinzugekommen: Die Franzosen lassen sich immerhin etwas aufrütteln, wenn es darum geht, den rechtsextremen Front National von Marine Le Pen in die Schranken zu weisen.

Eigentlich bietet diese Abstimmung, die mit einer Wahl von Kreistagen zu vergleichen ist, die besten Voraussetzungen für den Front National. Weil die künftigen Kompetenzen der Départements im Parlament und im Senat in Paris noch nicht abschließend geklärt sind, war allgemein mit einer niedrigen Wahlbeteiligung gerechnet worden. Dies ist in der Regel der beste Nährboden für den Front National, der seine Anhänger zuletzt bei der Europawahl im Mai 2014 mobilisierte. Damals ging die Partei von Marine Le Pen als stärkste Kraft aus der Abstimmung hervor.

Schon vor den entscheidenden Stichwahlen ist klar, dass der Front National diesmal nicht mehr mit dem Bonus der "stärksten Partei" für sich werben kann. Zwei Faktoren sind dafür verantwortlich: Zum einen hat die eindringliche Aufforderung des Premierministers Manuel Valls an die sozialistischen Wähler, zur Wahl zu gehen und ein Zeichen gegen den Front National zu setzen, halbwegs gefruchtet - die Wahlbeteiligung war höher als bei der letzten Kantonalwahl 2011. Dies wird die Sozialisten allerdings nicht davor bewahren, im entscheidenden zweiten Wahlgang etliche Départements an die Konservativen von der UMP abgeben zu müssen. Im starken Abschneiden der UMP und der mit ihrer verbündeten Zentrumspartei UDI liegt auch der zweite Grund dafür, dass der Höhenflug der Rechtsextremen vorerst gestoppt ist. Allseits war mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Konservativen und dem Front National gerechnet worden. Die von Nicolas Sarkozy geführte UMP errang im ersten Wahlgang den ersten Platz indes ohne Mühe.

Rassistische Parolen und soziale Angebote: Das Doppelgesicht des Front National

Dennoch bleibt es ein Alarmsignal, wenn im Nachbarland 25 Prozent der Wähler – wie am Sonntag geschehen – dem Front National ihre Stimme geben. Zwar erklärten in einer am Sonntag veröffentlichen Umfrage 68 Prozent der Befragten, sie seien dagegen, wenn in ihrem Département die Rechtsextremen das Sagen haben. Dennoch ist der Zulauf beunruhigend, den der Front in den Hochburgen im Norden und am Mittelmeer erhält. Die Partei stützt sich inzwischen auf ein verlässliches Potential aus einem harten Kern fremden- und europafeindlicher Anhänger und neuer Protestwähler. Dabei sind die Rechtsextremen für ihre politischen Gegner schwer fassbar. Geschickt changieren sie zwischen einem sozial ausgerichteten Politikangebot, wie es Parteivize Florian Philippot im Norden des Landes macht, und den rechtsextremen Parolen der Enkelin des Parteigründers, Marion Maréchal-Le Pen, die vor allem im Süden ankommen.

Trotz des Dämpfers bei den Départementswahlen verfolgt Marine Le Pen ihr Ziel weiter, 2017 in den Elysée-Palast einzuziehen. Ihr größter Verbündeter ist dabei das Gefühl nicht eben weniger Franzosen, beim Front National handele es sich um eine Partei wie jede andere auch. Die "Entteufelung" der eigenen Partei gelingt ihr auch deshalb so gut, weil Politiker wie UMP-Chef Sarkozy schon längst Forderungen aufstellen, die genauso vom Front stammen können: Studentinnen sollen keine Kopftücher mehr an der Uni tragen, ein alternatives Essensangebot an Schulkantinen für muslimische Schüler soll es ebenfalls nicht mehr geben. Wer meint, so Wähler des Front National auf seine Seite zu ziehen, könnte eines Tages ein böses Erwachen erleben.

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