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Frankreich: Duell ohne Verlierer

"Aggressiv" sei Royal gewesen, sagt der Konservative Sarkozy nach dem TV-Duell mit seiner sozialistischen Konkurrentin, das 20 Millionen Franzosen vor dem Fernseher verfolgten. Wähler und Presse konnten indes keinen Sieger ausmachen.

Paris - Nach dem Fernsehduell im französischen Präsidentschaftswahlkampf haben der Konservative Nicolas Sarkozy und die Sozialistin Ségolène Royal unterschiedliche Interpretationen der Diskussion abgegeben. Sarkozy zeigte sich im Sender RTL "etwas erstaunt über eine gewisse Aggressivität", die Royal bei der Auseinandersetzung am Vorabend an den Tag gelegt habe. "Das war vielleicht eine Strategie von ihr. Ich greife sie deswegen nicht an." Dass Royal "wütend" geworden sei, sei jedoch "ziemlich aufschlussreich". Sie stehe damit für eine Linke, "die jede Person als illegitim betrachtet, die nicht ihre Ideen teilt."

Royal, die vor der Stichwahl am Sonntag in den Umfragen knapp hinter Sarkozy liegt, sprach von einem "starken, demokratischen und entscheidenden Moment" im Wahlkampf. Die Fernsehdebatte habe es den Franzosen ermöglicht, "sich eine genauere Vorstellung sowohl vom Temperament der beiden Kandidaten als auch vom Hintergrund der Themen zu machen", sagte sie im Radiosender France Inter. Auf ihre überraschend offensive Art in der Diskussion angesprochen, sagte Royal, sie stehe für "die Werte, an die ich glaube". Sie habe keinen Grund, "diese herunterzuspielen".

"Das ist wie mit der Tour de France"

Sarkozy betonte, das Fernsehduell sei eine Etappe im Wahlkampf: "Das ist wie mit der Tour de France. Man muss jeden Tag bereit sein: Man darf nicht in den Bergen verlieren, aber auch die Etappen in der Ebene können schrecklich sein. Es gibt die großen Ausreißer oder ein Hund läuft durch das Hauptfeld - und schwupp, ist das Gelbe Trikot weg."

Sarkozy und Royal hatten sich in ihrer einzigen Fernsehdebatte im Wahlkampf zwei Stunden und 40 Minuten lang eine teils heftige Auseinandersetzung geliefert. Ob Royal damit ihren Rückstand aufholen konnte, zweifelten Fachleute an; die meisten sprachen von einem Unentschieden.

Ernsthafte Prankenschläge

Auch Frankreichs Presse konnte keinen klaren Sieger ausmachen. "Nicolas Sarkozy hat nicht verloren. Ségolène Royal hat aber gewonnen", meint die linksliberale "Libération". Der konservative "Figaro" schreibt nach der mehr als zweieinhalbstündigen Debatte des Vorabends: "Sarkozy hat sich, präzise und selbstsicher, nicht zu einem Übermaß an Selbstzufriedenheit hinreißen lassen. Oft unklar, manchmal aggressiv, hat Royal keinen gravierenden Fehler begangen."

"Keiner der beiden Kandidaten hat den anderen verschlungen, es gab aber ernsthafte Prankenschläge", schreibt "La République du Centre" über das Fernsehduell. "In jedem Lager wird man seinen Sieger wiedergefunden haben", zieht "La Presse de la Manche" Bilanz. Die Debatte habe es ermöglicht, "das Temperament der beiden Protagonisten etwas besser entdecken zu können." Die Zeitung "Ouest France" vergibt die besseren Noten an Sarkozy, der genauer und solider aufgetreten sei, während Royal noch an Glaubwürdigkeit zulegen müsste. Mehrere Blätter betonen, wie sehr sich Sarkozy zurückgehalten habe.

20 Millionen Menschen sehen TV-Duell

Das Duell im Fernsehen mitverfolgt haben indes mindestens 20 Millionen Zuschauer. Im Privatsender TF1 sahen fast 13 Millionen Menschen die Debatte, auf dem öffentlich-rechtlichen Programm France 2 gut sieben Millionen, wie die Fernsehanbieter mitteilten. Die tatsächliche Zahl dürfte noch deutlich höher liegen, da die Debatte auch in zahlreichen anderen Fernsehsendern, im Radio und im Internet live übertragen wurde.

Damit war das Interesse deutlich größer als beim letzten Fernsehduell zweier Präsidentschaftskandidaten in Frankreich im Jahr 1995. Damals schalteten sich knapp 17 Millionen Zuschauer auf TF1 und France 2 ein, als der Konservative Jacques Chirac gegen den Sozialisten Lionel Jospin antrat. 2002 fiel die Debatte aus, weil Chirac nicht mit dem überraschend in die Stichwahl eingezogenen Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen im Fernsehen auftreten wollte. (tso/AFP/dpa)

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