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Frankreich: Freispruch statt Fleischerhaken

Ein Pariser Gericht sieht keine Beweise für eine Schmutzkampagne von Frankreichs Ex-Premier Dominique de Villepin gegen Nicolas Sarkozy.

So freudestrahlend hatte man Dominique de Villepin schon lange nicht mehr gesehen. Lange hatte der frühere konservative Premierminister am Donnerstag ausharren müssen, bis Dominique Pauthe, der Präsident der 1. Zivilkammer des Pariser Strafgerichts, die 326 Seiten des Urteils im Prozess um die sogenannte Clearstream-Affäre verlesen hatte. In dem Verfahren ist Villepin der Hauptangeklagte und sein einstiger Rivale ums höchste Amt der Republik, der heutige Staatspräsident Nicolas Sarkozy, Nebenkläger. Erst nach zwei Stunden stand fest, was Villepin sich insgeheim erhofft haben mag und für seinen Kontrahenten irgendwie wohl unfassbar sein musste: Freispruch. „Ich begrüße den Mut des Gerichts, das Recht über die Politik triumphieren zu lassen“, sagte Villepin beim Verlassen des Gerichtssaales in die Fernsehkameras. „Ich bin stolz, Bürger eines Landes zu sein, in dem der Esprit der Unabhängigkeit lebt.“

Nicht weit davon entfernt übertrugen die Fernsehkameras aus dem Elysée-Palast das Bild eines Präsidenten, der am Donnerstag 55 Jahre alt wurde, aber alles andere als glücklich wirkte. „Ich dachte, Sie wollten mir zum Geburtstag gratulieren“, wies er einen Reporter ab, der ihm am Rande einer Konferenz ein Wort zu dem Prozessausgang zu entlocken versuchte.

In dem nach der Luxemburger Clearstream-Bank benannten Prozess ging es um eine sechs Jahre zurückliegende Verleumdungskampagne mit gefälschten Namenslisten angeblicher Empfänger von Schmiergeldern aus einem Waffengeschäft mit Taiwan, auf denen auch der Namen Sarkozy auftauchte. Was als eine von vielen Affären begann, in denen es um Schwarzgelder geht, wuchs sich jedoch bald zu Duell an der Spitze des Staates aus.

Während Villepin in den Verdacht geriet, die Manipulation der Listen angestiftet, zumindest aber nichts dagegen unternommen zu haben, um Sarkozys Chancen bei der Präsidentenwahl 2007 zu schaden, musste sich Sarkozy gegen den Vorwurf einer persönlichen Vendetta erwehren. „Den Schweinehund, der mir das eingebrockt hat, werde ich an einem Fleischerhaken aufhängen“, hatte er gedroht. Als Staatspräsident, der eigentlich über die Unabhängigkeit der Justiz zu wachen hat, erklärte er sich dann zum Nebenkläger. Ungerührt sprach er vor Prozessbeginn von den Angeklagten als „Schuldigen“ und gab damit Villepin die Möglichkeit, sich mit theatralischer Geste als Opfer zu stilisieren.

Dass Villepin die Fälschung der Listen angestiftet habe, verneinte das Gericht, ebenso den Vorwurf, er habe trotz Kenntnis der Manipulationen deren Weitergabe an die Justiz nicht verhindert. Hart verurteilt wurde dagegen Jean-Louis Gergorin, der frühere Vizepräsident des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, ein Freund Villepins, der die manipulierten Listen anonym der Justiz zuspielte. Er erhielt wegen Verleumdung drei Jahre Gefängnis, von denen 21 Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden, und eine Geldstrafe von 45 000 Euro. Der Mathematiker Ima Lahoud, der die Listen fälschte, wurde ebenfalls zu drei Jahren Haft, davon die Hälfte zur Bewährung, sowie 45 000 Euro verurteilt. Der Buchprüfer Florian Bourges, der die Daten von Clearstream beschafft hatte, wurde des Vertrauensmissbrauchs für schuldig befunden.

Im Prozessausgang mag Villepin eine Bestätigung für sich sehen. Der politische Ziehsohn von Ex-Präsident Jacques Chirac will nun sein politisches Comeback vorbereiten und Sarkozy bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2012 herausfordern. Doch die Staatsanwaltschaft hat noch nicht erklärt, ob sie Berufung einlegen wird.

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