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Sarkozy versucht zu punkten.

© dpa

Frankreich: Gefolgsleute – verzweifelt gesucht

Weil sich Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy der Gefolgschaft seiner innerparteilichen Kritiker nicht mehr sicher ist, will er sie jetzt in die Regierungsarbeit miteinbinden.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy erlebt einen der schwierigsten Momente seiner bisherigen Amtszeit. Bei der zweiten Runde der Regionalwahlen stimmten am Sonntag nur 36 Prozent der Wähler für die konservative Regierungspartei UMP und ihre Verbündeten, während die gemeinsamen Listen von Sozialisten, Grünen (Europe Ecologie) und Linksfront mit 54 Prozent eine unerwartete Rückkehr als ernst zu nehmende Opposition feierten. Damit ist Sarkozy die Gefolgschaft in den eigenen Reihen nicht mehr sicher.

Um der Unruhe im Regierungslager die Spitze zu nehmen, sah sich der an fast unbeschränkte Machtausübung gewohnte Präsident erstmals veranlasst, Kompromisse einzugehen. Nur eine „bescheidene technische Umbesetzung“ der Regierung hatte Sarkozys engster Berater, Elysée-Generalsekretär Claude Guéant, angekündigt. Doch damit schien es am Montag nicht mehr getan zu sein. Das folgerten Beobachter aus den Gerüchten, die nach dem Gespräch herumschwirrten, mit dem Sarkozy und Premierminister François Fillon den Reigen der Konsultationen am Montagmorgen eröffneten.

Wechsel in den klassischen Ressorts standen am Montag zwar nicht zur Debatte. Dafür zeichnete sich eine Änderung bei Sarkozys bisherigen Personalentscheidungen ab: ein Ende der so genanten Öffnung gegenüber der linken Opposition und dafür ein Ausgleich mit Gegnern in der eigenen Partei. Wer von dem Stühlerücken betroffen sein würde, war bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch unklar. Als sicher galt jedoch, dass der UMP-Abgeordnete François Baroin Sarkozys Angebot angenommen hat, das Haushaltsministerium zu übernehmen. Er würde auf diesem Posten Eric Woerth ablösen, der als Nachfolger von Xavier Darcos in das Arbeitsministerium wechseln soll. Baroin, ein erklärter Anhänger des früheren Präsidenten Jacques Chirac, hatte zuletzt noch deutliche Kritik an Sarkozys Amtsführung geäußert und einen Kurswechsel gefordert. Seine Berufung wäre ein Signal an die Freunde Chiracs in der UMP.

Sarkozy muss Kompromisse eingehen

Aus einem ähnlichen Grund könnte der Eintritt des UMP-Politikers Georges Tron in die Regierung erfolgen. Er ist ein Parteigänger des früheren Premierministers Dominique de Villepin, der als Sarkozys schärfster Gegner seine Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2012 vorbereitet und dazu die Gründung einer "Bewegung für den Dienst an Frankreich" angekündigt hat. Als neues Regierungsmitglied wurde auch der Judo-Meister David Douillet, ebenfalls ein Chirac-Freund, als neuer Staatssekretär für Sport genannt. Als mögliche Abgänge galten am Montag Politiker wie die Staatssekretärin für Stadtentwicklung, Fadela Amara, oder der Hochkommissar für Solidarität, Martin Hirsch, die Sarkozy 2007 als Symbole der Öffnung gegenüber der Linken in die Regierung geholt hatte.

Der Fraktionsvorsitzende der UMP, François Copé, forderte zudem, nach der Rentenreform weitere Neuerungen wie die Einführung der CO2-Steuer abzusagen. Ähnliche Schritte legte auch Ex-Regierungschef Alain Juppé dem Präsidenten als Konsequenz aus dem Desaster nahe. Wie groß die Schlappe trotz der UMP-Erfolge im Elsass und in den Überseeregionen La Réunion und Guayana ist, verdeutlichen einige Ergebnisse mit Symbolwert. In nur sechs von 96 Departements lag die UMP vor der Linken. Kein Regierungsmitglied kam in seiner Region durch. Selbst eine UMP-Hochburg wie Sarkozys früherer Wahlkreis Hauts-de- Seine bei Paris ging verloren.

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