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Gewinner und Besiegte. Francois Hollande hat die erstmalige Vorwahl der französischen Sozialisten für die Präsidentschaftskandidatur 2012 für sich entschieden. Seine Kontrahentin Martine Aubry gratulierte.

© AFP

Frankreich: Hollande tritt gegen Sarkozy an

Frankreichs Sozialisten haben sich in einer Vorwahl entschieden: Sie votieren für den gemäßigten Kandidaten Francois Hollande als Herausforderer des Präsidenten Nicolas Sarkozy. Überraschend ist aber nicht nur das Ergebnis der Wahl.

Aus der Vorwahl der französischen Sozialisten zur Nominierung eines Kandidaten zur Präsidentenwahl 2012 ist Francois Hollande am Sonntag als Sieger hervorgegangen. Nach den Hochrechnungen stimmten in der zweiten Runde 56,5 Prozent der Wähler für ihn. Für seine Rivalin Martine Aubry votierten 43,4 Prozent. Während die Anhänger Hollandes in dessen Pariser Hauptquartier den Ausgang sofort mit überschwänglichen Jubel begrüßten, hoffte man im Lager Aubrys zunächst noch auf eine Trendwende, ehe die Parteichefin dann dem Sieger ihre Glückwünsche aussprach und ein Treffen zur Absprache der künftigen Zusammenarbeit vorschlug.

Die Beteiligung an der zweiten Runde der Vorwahl lag um 16 Prozent über der der ersten Runde vor einer Woche, als rund 2,7 Millionen Franzosen zur Abstimmung gegangen waren. Hollande hatte sich mit 39,2 Prozent und Aubry mit 30,8 Prozent der Stimmen für die Stichwahl qualifiziert. Die übrigen vier Bewerber, unter ihnen die 2007 gegen Präsident Nicolas Sarkozy gescheiterte Ségolène Royal, hatten sich nach ihrem Ausscheiden für die Wahl Hollandes ausgesprochen.

Noch vor einem Jahr galt der 57-jährige Sozialist als Außenseiter. Erst nach dem Sturz des in den Umfragen führenden früheren sozialistischen Finanzministers und Direktors des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss- Kahn, über eine Sex-Affäre rückte Hollande in die Favoritenrolle auf. Zur Politik kam der Jurist und Absolvent zweier Eliteschulen, darunter der Kaderschmiede Ena, 1981 nach dem Wahlsieg Francois Mitterrands. Er hatte jedoch nie ein Ministeramt inne. 1997 wurde er Chef der Partei. Den Posten musste er 2008 auf Druck der übrigen Parteiführer abgeben. Hollande galt ihnen als zu „weich“, was ihm auch jetzt bei der Vorwahl vorgehalten wurde.

Es stehe ein schwerer Kampf bevor, sagte Hollande in der Parteizentrale der Sozialisten. Er sei sich der Größe der ihm bevorstehenden Aufgabe bewusst. Die Franzosen hätten die Politik von Sarkozy satt. Aubry gestand die Niederlage ein und sicherte Hollande ihre Unterstützung zu. “Ich werde all meine Kraft und Energie einsetzen, um sicherzustellen, dass er in sieben Monaten Präsident Frankreichs wird“, erklärte sie.

Während die 61-jährige Aubry, mehrmalige Ministerin und derzeit Bürgermeisterin von Lille, als Vertreterin eine „harten Linken“ auftrat und sich damit Wählern des linken Parteiflügels empfahl, bemühte sich Hollande in seinen Auftritten stets um Konsens. Er könnte damit auch Wählern der Mitte und der gemäßigten Rechten als Alternative zu Sarkozy attraktiv erscheinen. Nach allen Umfragen der letzten Zeit hätte die Linke, auch wenn statt Hollande seine Rivalin Aubry als Herausforderin des unpopulären Sarkozy nominiert worden wäre, beste Aussichten, 2012 zu gewinnen.

Programmatisch tritt Hollande dafür ein, dass eine künftige sozialistische Regierung eine sparsame Haushaltspolitik betreibt und Schulden abbaut. In den Schulen will er in den nächsten Jahren die 60 000 Stellen wieder einrichten, die unter Sarkozy gestrichen wurden. Für Unternehmen, die im Rahmen eines Generationenvertrags Jugendliche einstellen, ohne ältere Arbeitnehmer zu entlassen, stellt er Abschläge bei den Sozialabgaben in Aussicht. Den Nuklearanteil an der französischen Stromerzeugung will er um die Hälfte reduzieren.

Noch bevor am Sonntagabend die Auszählung der Stimmen begann, stand ein wichtiges Ergebnis der Vorwahl fest: die überraschend hohe Wahlbeteiligung. Nachdem sich in der ersten Runde vor einer Woche rund 2,7 Millionen Franzosen in die Wahllokale begeben hatten, zeichnete sich bei der Stichwahl am Sonntag früh eine deutlich höhere Mobilisierung der Linken ab. Von diesem Erfolg erwarten die Führer der Partei jetzt eine stärkere Legitimation ihres Präsidentschaftskandidaten und mehr Dynamik für den bevorstehenden Wahlkampf.

Bei den Franzosen hat die am amerikanischen Vorbild orientierte erste parteioffene Vorwahl große Zustimmung gefunden. Nach einer Umfrage wurde sie von 79 Prozent als „gute Sache“ bezeichnet. Sympathisanten der Regierungspartei UMP äußerten sich zu 67 Prozent positiv. 55 Prozent befürworteten für 2017 die Nominierung des Kandidaten der Rechten auf gleiche Weise. Die Führung der UMP zeigte sich indes gespalten. Sarkozy und Parteichef Jean-Francois Copé lehnten Vorwahlen als „im Widerspruch zum Geist der Verfassung der V. Republik“ ab. Dagegen sagte Premierminister Francois Fillon, man werde 2017 um ein solches „modernes Verfahren“ nicht herumkommen.

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