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Freundlich, aber nicht lustig: Sarkozy will „Schluss machen“ mit Ökologie und Öffnung zur Linken, um sein schlechtes Image aufzupolieren.

© AFP

Frankreich: Nicolas Sarkozy: Der Ungeliebte

Knapp drei Jahre nach seinem Amtsantritt hat das Ansehen von Frankreichs Präsident selbst bei seinen Parteigängern einen Tiefpunkt erreicht. Nicolas Sarkozy will Wähler zurück gewinnen – und versucht sich mit harter Hand.

Eine Ehrenformation der Gebirgsjäger war vor dem Schloss von Chambéry angetreten. Mirage-Jäger eines Aufklärungsgeschwaders donnerten über den Hauptort von Savoyen und die Patrouille de France zog einen blau-weiß-roten Streifen in den Himmel über den Alpen. Mit einer protokollarischen Pracht, die nur noch am 14. Juli, Frankreichs Nationalfeiertag, übertroffen wird, zelebrierte Präsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag das Plebiszit von 1860, in dem sich die Bevölkerung der ehemals italienischen Region für die Angliederung an Frankreich aussprach. Für den Aufwand, mit dem an dieses aus heutiger Sicht kaum noch bedeutende Ereignis erinnert wurde, gibt es einen Grund. Für Sarkozy war es eine Gelegenheit, nach den Rückschlägen der letzten Zeit sein Image als starker, machtbewusster Präsident zu reparieren.

Knapp drei Jahre nach seinem Amtsantritt hat sein Ansehen selbst bei seinen Parteigängern einen Tiefpunkt erreicht. Die Wähler, deren Stimmen ihn 2007 in den Elysee-Palast trugen, drehten ihm bei den Regionalwahlen im März den Rücken zu. In den Umfragen äußern sich nur noch 35 Prozent positiv über ihn. Zwei Drittel wünschen, dass er 2012 nicht wieder kandidiert. Auch im Regierungslager schwelt Unzufriedenheit. Der frühere Premierminister Alain Juppé empfiehlt sich bereits als Ersatzkandidat. Dominique de Villepin, sein Erzfeind, ruft offen zur Abkehr von ihm auf.

„Zurück zu unseren Grundpositionen“ lautet die Forderung, mit der Sarkozy die Gunst traditioneller Wähler der Rechten zurückgewinnen will. Aufgestellt hatte sie einer der Frondeure aus den eigenen Reihen. Doch der Präsident, der sonst keinen Widerspruch duldet, machte sie sich sofort zu eigen. Mit der Politik der Öffnung zur Linken etwa, mit der er die Opposition zu umgarnen suchte, ist es vorbei. Auch mit der Ökologie „reicht es jetzt“, wie er es ausdrückte. Allenfalls die Rentenreform will er noch durchziehen. Stattdessen greift Sarkozy auf sein altes Wahlkampfrepertoire zurück, um mit Parolen zur inneren Sicherheit oder zum Verbot der Burka, des Ganzkörperschleiers islamischer Frauen, Stimmung für die verbleibenden zwei Jahre seiner Amtszeit zu machen.

Burkaverbot und Entzug des Kindergeldes für schwänzende Schulkinder

„Kein Quartier darf sich der Autorität des Staates entziehen“, bekräftigte er diese Woche in Bobigny nördlich von Paris. Dort soll Christian Lambert, ein persönlicher Freund Sarkozys, als neuer Präfekt mit starker Hand für Ordnung sorgen. Zuvor hatte der Präsident in einem Ort des Departments, das im Herbst 2005 Schauplatz eines dreiwöchigen Aufruhrs von Jugendlichen aus dem Einwanderermilieu war, Busfahrern einen Besuch abgestattet. Deren Fahrzeuge waren kürzlich nach einer Drogenrazzia von Jugendbanden angezündet worden. Der Staat werde keinen Millimeter zurückweichen, versprach er, jedes Viertel werde „durchkämmt“. Und auch gegen notorische Schulschwänzer will Sarkozy vorgehen: Ihren Familien sollen „systematisch“ die Kindergeldzahlungen blockiert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll diese Woche eingebracht werden. Die Maßnahme solle immer dann greifen, wenn Schüler „unbegründet und wiederholt“ dem Unterricht fernblieben.

Genauso entschlossen zeigt Sarkozy sich in der Kontroverse um die Burka. Entgegen dem Rat des von der Regierung konsultierten Staatsrats entschied er sich für ein Verbot des Ganzkörperschleiers nicht nur in öffentlichen Räumen wie Rathäusern oder Sozialämtern, sondern überall in der Öffentlichkeit. Ein entsprechendes Gesetz soll die Regierung im Mai vorlegen.

Die französische Polizei machte am Wochenende aber schon einmal ernst: Sie stellte einer Autofahrerin, die nur durch einen Sehschlitz ihres Gesichtsschleiers schauen konnte, einen Bußgeldbescheid aus. Ihr Blickfeld sei eingeschränkt, befanden die Polizisten.

Dass ein allgemeines Burka- oder Niqabverbot wegen Verletzung persönlicher Freiheitsrechte weder vorm Verfassungsrat noch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand hätte, wie Verfassungsrechtler warnen, lässt die französische Regierung nicht gelten. „Das nehmen wir auf uns“, sagte Premierminister Francois Fillon zu dem Gesetzesvorhaben, das kaum Aussicht hat, jemals angewendet zu werden. Die nächste Präsidentenwahl findet erst in zwei Jahren statt. Aber für Sarkozy hat der Wahlkampf bereits begonnen.

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