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Frankreich: Proteste weiten sich aus

Angesichts einer drohenden Eskalation des Konflikts um die Reform des Arbeitsrechts in Frankreich kommt die Regierung in Paris nun auch in den eigenen Reihen unter Druck. Der Protest der Studenten und Schüler griff heute auf zahlreiche weitere Schulen über.

Paris - Wirtschaftsminister Thierry Breton erklärte am Dienstag «die Zeit der Anpassung (der Reform) und des Dialogs» für gekommen. Gewerkschaften und Studentenverbände riefen indes zu einem landesweiten Protest- und Streiktag am kommenden Dienstag auf und drängten die Regierung zum Nachgeben im Streit um den geplanten Erstanstellungsvertrag, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Auch die Parlamentsfraktion der Regierungspartei UMP drängte auf eine schnelle Lösung. Ihr Sprecher Luc-Marie Chatel erklärte sich offen für die Forderungen der Gewerkschaften, die Unternehmen zur Begründung jeder Entlassung zu verpflichten. Auch die Probezeit sei nicht starr. Die Reform sieht für Berufsanfänger zwei Jahre Probezeit und die Möglichkeit der Entlassung ohne Begründung vor.

Premierminister Dominique de Villepin wollte am Dienstagabend den Abgeordneten der UMP seine Vorstellungen von der Beilegung der Krise darlegen. Bisher hatte Villepin darauf bestanden, das Gesetzes durchzusetzen. Die Zentrumspartei UDF rief Präsident Jacques Chirac auf, die Reform zur Überarbeitung zurück ins Parlament zu schicken. Die Konfrontation könne jede Reform unmöglich machen, warnte UDF-Chef François Bayrou. Er schlug im Einklang mit Unternehmern vor, die Probezeit auf sechs Monate zu beschränken und die Unternehmen zu verpflichten, jede Entlassung zu begründen.

Der Protest der Studenten und Schüler griff am Dienstag auf zahlreiche weitere Schulen über. Nach Angaben des Schülerverbands FIDL war jede vierte der 4370 Schulen der Sekundarstufe II blockiert. An mehreren Orten sperrten Schüler Straßen, es kam zu Reibereien mit der Polizei. Auch der Großteil der Universitäten wird weiter von Protestaktionen blockiert. Alle Gewerkschaften und Studentenorganisationen riefen für kommenden Dienstag zu einem nationalen Protest- und Streiktag auf.

«Frankreich befindet sich im Bürgeraufstand», erklärte der sozialistische Senator Jean-Luc Mélenchon. Er warf der Regierung vor, nicht legitimiert zu sein. Aufgeheizt wurde die Atmosphäre durch die Meldung, ein Gewerkschafter liege seit einem Polizeieinsatz am Samstag gegen Demonstranten im Koma und ringe mit dem Tode. Laut Augenzeugen wurde der 39-jährige Cyril Ferez von Polizisten getreten, als er am Boden lag. Ein Polizist sagte aus, Ferez habe vor seiner Bewusstloskeit erklärt, nicht von der Polizei geschlagen worden zu sein. Regierungsstellen wiesen darauf hin, dass der Gewerkschafter alkoholisiert war. Die Gewerkschaft SUD PTT, der Ferez angehört, warf der Polizei Vertuschung eines gewaltsamen Übergriffs, unterlassene Hilfeleistung und Anschwärzung des Opfers vor. (tso/dpa)

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