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Frankreich: Royal kann sich Bayrou als Premier vorstellen

In Frankreichs Präsidentschaftswahlkampf hat die Sozialistin Ségolène Royal ihr Werben um die Wähler des ausgeschiedenen Kandidaten François Bayrou am Wochenende deutlich verstärkt.

Paris - Nach einer TV-Debatte mit Bayrou schloss Royal am Sonntag erstmals nicht völlig aus, den Liberalen im Fall ihrer Wahl zur Staatspräsidentin als Premierminister zu ernennen. Royals Gegner in der Stichwahl am kommenden Sonntag, Ex-Innenminister Nicolas Sarkozy, kritisierte die in Frankreich einmalige Fernsehdebatte eines unterlegenen Präsidentschaftsbewerbers mit einem Endrundenteilnehmer scharf.

Bayrou war in der ersten Wahlrunde am 22. April auf dem dritten Platz gelandet und damit ausgeschieden. Seine 6,82 Millionen Wähler gelten nun als entscheidend für die Stichwahl, bei der Royal nach am Wochenende veröffentlichten Umfragen weiter gegen Sarkozy verlieren würde. "Ich verbiete mir bei der Wahl des Premierministers nichts", sagte die Sozialistin am Sonntag im Fernsehsender Canal+ auf eine Frage nach Bayrou. Sie denke allerdings, "dass dies nicht das ist, was passieren wird". Laut einer am Freitag veröffentlichten Umfrage würden 37 Prozent der Franzosen einen Premier Bayrou bei einer Präsidentin Royal gut finden.

Bayrou: Royal setzt zu sehr auf den Staat

Bayrou sagte am Samstag nach dem Gespräch mit Royal, er wisse weiter nicht, wie er beim Stechen abstimmen werde. Er hatte aber zuvor vor laufenden Kameras in mehreren Bereichen Übereinstimmung mit der Präsidentschaftskandidatin festgestellt. Dies betraf unter anderem die Vorstellungen zur Reform des politischen Systems, den Umgang mit jugendlichen Straftätern und den umstrittenen Bau des ersten EPR-Atomkraftwerks der dritten Generation, den beide aussetzen wollen. Bayrou hielt Royal aber vor, wirtschaftlich zu sehr auf den Staat zu setzen. Er forderte unter anderem Lockerungen an der Arbeitszeitregelung zur 35-Stunden-Woche.

Royal zeigte sich am Sonntag "bereit", ihr "Präsidentenpakt" genanntes Wahlprogramm zu vervollständigen. Unter ihr als Staatspräsidentin seien "alle guten Ideen für das Land nützlich". Sie werde aber auch die ausgeschiedenen Präsidentschaftskandiaten der Linken und der Grünen "nicht vergessen", fügte Royal an, die von einem Teil ihrer Unterstützer wegen des offensiven Werbens um die Bayrou-Wähler kritisiert worden war.

Umfrage: Sarkozy klarer Favorit

Die Sozialistin hatte in der ersten Wahlrunde rund zwei Millionen Stimmen weniger erhalten als Sarkozy. Laut einer am Samstag veröffentlichten Befragung des Instituts Ipsos-Dell würde der Chef der Regierungspartei UMP die Stichwahl klar gewinnen. Demnach würden 52,5 Prozent der Franzosen für Sarkozy stimmen und nur 47,5 Prozent für Royal. Befragt wurden 1367 Bürger, die sich zwischen Donnerstag und Samstag per Telefon äußerten und damit meist vor dem Gespräch mit Bayrou.

Sarkozy sagte der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche", die TV-Debatte mit Bayrou verstoße "gegen den Geist unserer Institutionen". Das Gespräch habe "Verwirrung" gestiftet, "während die Franzosen Klarheit erwarten". Sie dürften ihrer Entscheidung im ersten Wahlgang am 22. April "nicht beraubt werden", sagte Sarkozy. Er konzentriere sich auf die direkte Auseinandersetzung mit Royal, die er am Mittwochabend in einem TV-Duell trifft. Bei seiner letzten Großveranstaltung in Paris am Sonntagnachmittag wurden laut Sarkozy 40.000 Menschen erwartet. (tso/AFP)

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