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Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy

© AFP

Frankreich: Sarkozy auf dem Kriegspfad

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will eingebürgerten Ausländern im Fall von Gewalttaten die Staatsbürgerschaft entziehen.

Laut Umfragen ist nur noch ein Drittel der Franzosen mit Präsident Nicolas Sarkozy zufrieden. Das ist offenbar der Preis, den der Präsident für den autokratischen Regierungsstil, die Hinwendung zu den Reichen und die vielen Affären bezahlt, die seine Amtsführung kennzeichnen. Da kommt es Sarkozy gelegen, mit strammen Worten zur inneren Sicherheit von Schwierigkeiten abzulenken und das Terrain für die Präsidentenwahl 2012 zu bereiten.

So kündigte er jüngst den Roma, die einen Gendarmerieposten in der Loire-Gegend verwüstet hatten, zunächst den „Krieg“ an. Dann, ein paar Tage später, legte er noch eins drauf. Bei der Amtseinführung eines neuen Präfekten in Grenoble – den Vorgänger hatte er Mitte Juli nach den gewalttätigen Ausschreitungen junger Leute ausländischer Herkunft gefeuert – rief er zum „nationalen Krieg“ gegen die Kriminalität auf, genauer: gegen die Kriminalität von Einwanderern.

„Die französische Staatsbürgerschaft muss jeder Person ausländischer Herkunft entzogen werden, die vorsätzlich nach dem Leben eines Polizisten oder anderer Repräsentanten staatlicher Autorität trachtet“, erklärte Sarkozy. In Frankreich geborene Kinder ausländischer Eltern sollen nach dem Willen des Präsidenten bei Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr automatisch eingebürgert werden, wenn sie straffällig geworden sind. „Die französische Staatsbürgerschaft muss man sich verdienen und man muss sich ihrer würdig erweisen“, führte Sarkozy zur Begründung an, ehe er zum Kern seines Anliegens kam: der „schlecht beherrschten“ Einwanderung, die zum Fehlschlag der Integration geführt habe. „Es gibt ein Problem der Weitergabe der Werte der französischen Kultur“, sagte er, „nicht nur an die, die neu in unser Land kommen, sondern auch an die der zweiten und dritten Generation; sie fühlen sich weniger französisch als ihre Eltern und Großeltern.“

Die liberale Öffentlichkeit reagierte schockiert auf Sarkozys radikalisierten Diskurs. Sarkozy fache den Hass auf Ausländer an, erklärte die Liga für Menschenrechte. Schon jetzt können Ausländer, die die französische Staatsbürgerschaft erworben haben, diese mit Zustimmung des Staatsrats als oberstem Verwaltungsgericht wieder verlieren, wenn sie die „fundamentalen Interessen“ der Nation – etwa im Dienst eines anderen Staates – verletzen oder wegen eines Verbrechens, beispielsweise eines Terrorakts verurteilt wurden.

Im Kampf gegen die Kriminalität, den Sarkozy seit seiner ersten Amtszeit als Innenminister ins Zentrum seiner Politik stellte, hatte er sich stets einer martialischen Sprache bedient. In Erinnerung ist noch seine Erklärung zu dem „Gesindel“ in den Vorstädten, die er mit dem „Hochdruckreiniger“ säubern wollte. Er gebrauchte aber auch moderate Töne, als er sich gegen die sogenannte Doppelstrafe aussprach, die Abschiebung straffälliger Immigranten in ihre Heimatländer. Seit einiger Zeit hat er seinen Diskurs jedoch radikalisiert, um, wie in der von seinem Einwanderungsminister Eric Besson angezettelten Debatte über die nationale Identität, der rechtsextremistischen Nationalen Front Wähler abzunehmen.

Von der Regierungspartei UMP wurde dem Präsidenten Beifall zuteil. An ihrem rechten Rand hat sich unter der Führung eines Abgeordneten ein „Kollektiv“ gebildet, das dem Präsidenten bei der Gleichsetzung von Einwanderung und Kriminalität zustimmt. In seiner Charta erklärt das Kollektiv „Arbeit, Familie, Patriotismus, Nation und Sicherheit“ zu Grundlagen des „Sarkozyismus“.

Inmitten der hitzigen Debatte über den Umgang mit Roma ist eine Gruppe von rund 160 einheimischen Roma am Samstag durch vorzeitige Abreise einer Zwangsräumung ihrer Übergangssiedlung im Nordosten des Landes zuvorgekommen. Die Räumung des Gebietes in Villersexel im Département Haute-Saône habe nicht stattgefunden, weil die Roma in der Nacht abgereist seien, sagte ein Vertreter der Gendarmerie in Vesoul. Ein Gericht hatte auf Antrag der Ortschaft Villersexel angeordnet, dass die Roma ihre dortige Wohnwagensiedlung bis Samstagmorgen um 9 Uhr räumen müssten. Bei Zuwiderhandeln drohte die Präfektur von Haute-Saône eine gewaltsame Räumung durch die Polizei an.

„Wir haben alle Mittel vorbereitet, um sie zum Aufbruch zu zwingen“, hatte Präfekt Eric Freysselinard gesagt. Dazu gehörten Spezialeinsatzkräfte der französischen Polizei und Abschleppwagen. Die französische Regierung hatte am Mittwoch nach einem Spitzentreffen im Elyséepalast angekündigt, entschiedener gegen illegale Romasiedlungen vorzugehen.

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