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Politik: Frankreich: Schwänzen wird teuer

Gesetz sieht Streichung von Kindergeld vor

Paris - In Frankreich soll es jetzt Eltern von Kindern, die die Schule schwänzen, ans Geld gehen. Wenn Schüler wiederholt dem Unterricht fernbleiben, droht nach einem neuen Gesetz der Entzug von Kindergeld. Anfang dieser Woche trat es in Kraft. Gegen Proteste der linken Opposition sowie von Lehrergewerkschaften und Elternverbänden war es im vergangenen Jahr mit den Stimmen der konservativen Regierungspartei UMP vom Parlament beschlossen worden. Die Abgeordneten folgten damit Präsident Nicolas Sarkozy, der wiederholt strengere Maßnahmen gegen das „Krebsgeschwür“ des Schuleschwänzens gefordert hatte. Nach Ansicht Sarkozys ist das unentschuldigte Fehlen eine der Ursachen für die zunehmende Zahl von Straftaten Jugendlicher: „Dem haben wir viel zu lange tatenlos zugesehen.“

Das Schuleschwänzen soll nicht sofort sanktioniert werden, sondern erst am Ende eines mehrstufigen Verfahrens. Danach sind Schulleiter gehalten, der Schulbehörde einen Schüler zu melden, der während vier Tagen im Monat ohne Entschuldigung nicht zum Unterricht erscheint. Die Schulbehörde setzt sich dann mit den Eltern in Verbindung und nimmt sie für den Schulbesuch ihres Kindes in die Pflicht. Fehlt der Schüler erneut, wird die Behörde der Familienkasse eingeschaltet, die dann das Kindergeld streicht. Erst wenn der Schüler wieder regelmäßig zur Schule kommt, werden die Zahlungen wieder aufgenommen. Auf diese Weise wolle die Regierung die Verantwortung der Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder stärken, erklärte Erziehungsminister Luc Chatel.

Ganz neu ist die Maßnahme nicht. Schon 1959 machte ein Gesetz Kindergeldzahlungen vom regelmäßigen Schulbesuch abhängig. Die Regelung war 2004 von der konservativen Regierung als „ungerecht und unwirksam“ aufgehoben worden, was seinerzeit auch die Zustimmung des damaligen Innenministers Sarkozy fand. 2006 wurde das Gesetz neu aufgelegt. Als „Kann-Bestimmung“ wurde es jedoch so gut wie nie angewendet.

Nach Angaben der französischen Regierung bleiben 300 000 Schüler mehr oder weniger häufig dem Unterricht unentschuldigt fern. Ob sich das jetzt mit der neuen Muss-Bestimmung ändert, bleibt abzuwarten. Die Opposition will das Gesetz wieder kassieren, falls sie die nächste Wahl gewinnt. Die politisch zumeist links orientierten Lehrerverbände halten ihre Bedenken gegen das Gesetz aufrecht. Es bestrafe Familien, die ohnehin Probleme hätten, ohne dass damit den Kindern geholfen würde, lautet die Kritik der Verbände. Die Familien könnten auch nicht für die Probleme der Schule – überbelegte Klassen, fehlende Lehrerstellen – verantwortlich gemacht werden. Zahlreiche Schulleiter erklärten bereits, sie würden Schulschwänzer nicht anzeigen, sondern sie auf andere Weise zum ordentlichen Schulbesuch zu gewinnen suchen. Hans-Hagen Bremer

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