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Eine muslimische Schülerin sitzt in einem Ganzkörper-Badeanzug am Rande des Schwimmbeckens.

© picture-alliance/ dpa

Frankreich: Sommer der Prinzipienreiterei

In Frankreich ist das Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen kompliziert. Zwei Fälle illustrieren, warum auf beiden Seiten Prinzipienreiterei betrieben wird.

Es ist eine Songzeile aus dem US-Hit von Timmy Thomas aus den 1970er Jahren, die einem in den Sinn kommt, wenn man zwei Ereignisse in Frankreich aus der vergangenen Woche betrachtet: „Why can’t we live together“. Das Zusammenleben zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen gerät in Frankreich immer mehr zum Politikum, und das hat mit einer gewissen Sturheit auf beiden Seiten zu tun.

Muslimische Frauen wollten Spaßbad mieten - da brach ein politischer Sturm los

In Pennes-Mirabeau in der Nähe von Marseille wollte ein Verein muslimischer Frauen ein Spaßbad für einen Tag mieten. Als Badekleidung empfahl der Verein den Frauen den Burkini. Allerdings hatten die Frauen die Rechnung ohne den rechtsextremen Front National (FN) und die konservative Partei „Les Républicains“ (LR) gemacht. Die LR-Lokalpolitikerin Valérie Boyer wetterte, dass die Verschleierung den „Islamisten“ dazu diene, „ihren Herrschaftsbereich zu markieren“. Auch der Bürgermeister der Gemeinde Pennes-Mirabeau warf den Musliminnen anschließend vor, sich gegenüber der übrigen Gesellschaft abschotten zu wollen. Er verbot die Veranstaltung. Die harte Haltung des Bürgermeisters – übrigens ein Ex-Sozialist – ist insofern überraschend, als die Betreiber des Spaßbades kein Problem damit hatten, ausnahmsweise den Burkini zuzulassen.

Dass in Frankreich derartige Kleidungsfragen regelmäßig landesweit Aufregung verursachen, hängt zum einen mit dem strengen Laizitätsgebot zusammen: Schon das Kopftuchtragen an staatlichen Schulen ist im Nachbarland verboten. Zusätzlich erschwert wird der Dialog der Kulturen dadurch, dass der Front National das politische Klima schon seit Jahren vergiftet hat. So war es auch wenig überraschend, dass der Vize-Vorsitzende des FN, Florian Philippot, angesichts des geplanten „Burkini-Tages“ forderte, man müsse derartige Veranstaltungen verbieten, weil sie die „öffentliche Ordnung stören“ könnten. Hinter der Aktion des muslimischen Frauenvereins witterte Philippot die „Methode der Muslimbrüder“, die Gesellschaften in zahlreichen westlichen Gesellschaften nach seiner Meinung zu unterwandern drohten.

Supermarkt-Betreiber weigert sich, Alkohol und Schweinefleisch anzubieten

Es gab aber auch noch einen anderen Fall, der in Frankreich jüngst ein Schlaglicht auf das Zusammenleben der Kulturen warf. Und der zeigt, dass Intoleranz keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal von Nicht-Muslimen ist. In der Pariser Vorstadt Colombes weigert sich nämlich der Betreiber eines Supermarktes mit dem Namen „Good Price“, Alkohol und Schweinefleisch anzubieten – anders als im „Franprix“-Geschäft, das an derselben Stelle bis zum April des vergangenen Jahres zu finden war. In dem Bann von Alkohol und Schweinefleisch sieht die öffentliche Wohnungsverwaltungsgesellschaft, welche den Laden vermietet, einen Regelverstoß. Die städtischen Vermieter in Colombes möchten das Mietverhältnis nun beenden und argumentieren, dass es den Kunden auf der Suche nach Alkohol und Schweinefleisch nicht zugemutet werden könne, sich zum weiter entfernten „Leclerc“-Supermarkt zu begeben. Trotzdem weigert sich der Supermarkt-Betreiber, in seinem Laden eine Ecke mit den entsprechenden Waren einzurichten. In diesem Fall soll die Justiz nun das letzte Wort haben.

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