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Auf Konfliktkurs. Frankreichs Präsident François Hollande will Euro-Bonds, Kanzlerin Angela Merkel lehnt sie kategorisch ab.

© AFP

Frankreich und Deutschland: Wachstumsschmerz

Frankreich und Deutschland ringen darum, wie in der Euro-Zone neue Impulse gesetzt werden können. Merkel kommt Hollande entgegen – ein bisschen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will über Euro-Bonds nicht mit sich reden lassen. Auch wenn Frankreichs neuer Staatschef François Hollande beim EU-Gipfel am heutigen Mittwochabend in Brüssel für Gemeinschaftsanleihen werben will, so dürfte er damit bei Merkel auf taube Ohren stoßen. „Wir halten Euro-Bonds aus ganz vielen Gründen nicht für den richtigen Weg“, hieß es am Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin.

Euro-Bonds sind gemeinschaftliche europäische Staatsanleihen, deren Einführung dazu führen würde, dass die Anleihezinsen von Euro-Krisenstaaten sinken würden. Deutschland müsste hingegen Investoren vergleichsweise höhere Zinsen für die Gemeinschaftsanleihen bieten. Zuletzt hatte Spanien an den Kreditmärkten höhere Zinsen zahlen müssen und damit die Sorge ausgelöst, dass das Land um EU-Hilfen bitten muss. Die Bundesregierung lehnt Euro-Bonds ab, weil sie aus ihrer Sicht den Druck vermindern, Strukturreformen in den Krisenstaaten durchzuführen. Hollande will hingegen beim EU-Gipfel über gemeinsame Staatsanleihen reden – neben einer Erhöhung des Kapitals der Europäischen Investitionsbank (EIB) und einer besseren Nutzung von EU-Strukturfonds etwa im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Der Sozialist hatte im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt, sich für mehr Wachstum in der Euro-Zone einzusetzen. Zu diesem Zweck will er auch den von Merkel initiierten europäischen Fiskalpakt, der die Einführung von Schuldenbremsen vorsieht, um Wachstumselemente ergänzen.

In Berliner Regierungskreisen hieß es am Dienstag, dass zusätzliche Wachstumsimpulse in der EU nicht erst seit der Wahl Hollandes zum Präsidenten auf der Agenda stünden. Bereits bei den letzten EU-Gipfeln im Januar und März sei eine Wachstumsstrategie auf die Schiene gesetzt worden, die nun bis zum nächsten EU-Gipfel Ende Juni umgesetzt werden müsse. Der informelle EU-Gipfel an diesem Mittwoch, bei dem Hollande erstmals im Kreis der europäischen Partner erwartet wird, sei hingegen „kein Entscheidungstreffen“, hieß es. Dabei signalisiert die Bundesregierung dem neuen Hausherrn im Elysée-Palast in etlichen Punkten durchaus Entgegenkommen. So wurde in den Regierungskreisen darauf verwiesen, dass die EU-Kommission gemeinsam mit Euro-Ländern, die von hohen Arbeitslosenquoten betroffen sind, an einer Umwidmung von Mitteln aus den Strukturfonds arbeitet. Nach Angaben der EU-Kommission seien zu diesem Zweck bis Ende 2013 noch 80 Milliarden Euro für sämtliche 27 EU-Länder verfügbar, hieß es.

Schließlich gehört auch die Einführung sogenannter Projektbonds zu jenen Wachstumsimpulsen, denen sich die Bundesregierung nicht grundsätzlich verschließen will. Allerdings dürfe bei diesen Projektbonds, mit denen privates Kapital für grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte mobilisiert werden soll, die Haftung im EU-Haushalt nicht über die vereinbarte Summe von 230 Millionen Euro hinausgehen, hieß es.

In den Regierungskreisen wurde betont, dass diese Projektbonds anders als die zwischen Berlin und Paris umstrittenen Euro-Bonds nicht dazu gedacht seien, Staatshaushalte von Euro-Staaten gemeinschaftlich zu finanzieren. Im Kanzleramt werden Euro-Bonds nicht nur aus politischen Gründen abgelehnt, sondern auch aus rechtlichen Erwägungen: Die Gemeinschaftsanleihen verstießen gegen Artikel 125 des EU-Vertrages, der eine Haftung für die Verbindlichkeiten anderer EU- Staaten ausschließt, hieß es.

Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici hat während seines Antrittsbesuchs beim deutschen Ressortkollegen Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag bereits zu spüren bekommen, wie stark der Widerstand gegen Euro-Bonds in Berlin ist. „Für uns ist es eine starke Idee“, sagte Moscovici nach dem Gespräch, „wir wissen, dass wir sie nicht erzwingen können, aber wir halten daran fest.“

Ob Deutschland und Frankreich in den nächsten Wochen beim Krisenmanagement in der Euro-Zone tatsächlich auf dieselbe Wellenlänge kommen, ist noch keineswegs ausgemacht. So gibt es in der sozialistischen Partei von François Hollande offenbar einige Vorbehalte gegen eine Ernennung Schäubles zum Nachfolger des Luxemburgers Jean-Claude Juncker auf dem Posten des Euro-Gruppenchefs. Hollandes frühere Lebensgefährtin, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, sagte am Dienstag in einem Fernsehinterview, eine Ernennung Schäubles wäre „ein schlechtes Signal“. Sie warf dem deutschen Kassenwart vor, dass der von ihm verfolgte Sparkurs auf europäischer Ebene gescheitert sei. Man brauche für die Nachfolge Junckers jemanden, der über „mehr Vorstellungsvermögen“ verfüge, verlangte Royal.

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