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Frankreich: Verbündeter, nicht Vasall

Die französische Nationalversammlung hat der Regierung das Vertrauen zu ihrer Außenpolitik ausgesprochen. Damit billigt es indirekt die Rückkehr Frankreichs in die Nato.

Die französische Nationalversammlung hat der Regierung von Premierminister Francois Fillon erwartungsgemäß das Vertrauen zu ihrer Außenpolitik ausgesprochen. Indirekt billigte es damit die von Staatspräsident Nicolas Sarkozy beschlossene Rückkehr Frankreichs in die Militärorganisation der Nato. Der historische Schritt, mit dem Frankreich den 1966 von Präsident Charles de Gaulle vollzogenen Auszug aus den alliierten Stäben rückgängig macht, soll beim bevorstehenden Gipfel zum 60-jährigen Bestehen des Bündnisses Anfang April in Straßburg und Kehl besiegelt werden. Für den Antrag des konservativen Regierungschefs stimmten 329 Deputierte, dagegen 228. An der Abstimmung nahmen nicht alle der insgesamt 577 Abgeordneten teil. Die linke Opposition stimmte geschlossen mit Nein. Dagegen entschlossen sich die meisten Gegner von Sarkozys Nato- Politik im Regierungslager, ihre Ablehnung durch Enthaltung deutlich zu machen.

Die Zustimmung fiel größer aus, als es nach Meinung vieler Beobachter der tatsächlichen Stimmung im Parlament entspricht. In der Nationalversammlung steht der Opposition von Sozialisten und Kommunisten zwar eine solide zahlenmäßige Mehrheit der konservativen Regierungspartei UMP gegenüber. In der sensiblen Frage der vollständigen Reintegration in die alliierten Kommandostäbe, denen sich Frankreich in den vergangenen Jahren unter anderem mit der Entsendung von Offizieren als Beobachter ins Nato-Hauptquartier in Belgien schrittweise wieder angenähert hatte, musste der Premier jedoch mit den Widerständen von Altgaullisten rechnen. Da er sich so einer Mehrheit nicht sicher sein konnte, wie „Le Monde“ schrieb, entschied er sich, nicht die Nato-Frage zum Gegenstand einer – seit der Verfassungsreform von 2008 möglichen – einfachen Abstimmung ohne weitere Folgen für den Bestand der Regierung zu machen, sondern ein Vertrauensvotum zur gesamten Außenpolitik zu verlangen. Den Gegnern in den eigenen Reihen waren damit die Hände gebunden, wenn sie den Sturz der Regierung nicht in Kauf nehmen wollten. Eine Debatte im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, in dem die Widerstände der gaullistischen Traditionalisten offensichtlich noch größer sind, wollte die Regierung zunächst ganz vermeiden. Nach Protesten der Opposition sollen die Senatoren nun nächste Woche doch noch über Frankreichs Rückkehr in die Nato-Kommandos debattieren dürfen – ohne Abstimmung freilich.

Frankreich werde auch in Zukunft ein Verbündeter, aber nicht ein Vasall der USA sein, sagte Fillon in seiner Erklärung zur Außenpolitik. Die Reintegration in die Nato-Stäbe bezeichnete er als „Anpassung“. Frankreich werde eine Macht mit eigenen politischen Zielen bleiben und seine Autonomie in der Diplomatie wie in der nuklearen Abschreckung wahren. In Friedenszeiten würden keine französischen Truppen alliierten Kommandos unterstellt. Der Opposition warf er vor, sich noch nie durch strategischen Weitblick ausgezeichnet zu haben. Es sei „pikant“, dass sie sich heute auf de Gaulle berufe, den sie damals bekämpft hatte. Nach seinen Worten werde Frankreich, indem es „seinen ganzen Platz“ in der Nato einnehme, der europäischen Verteidigung eine „echte Dimension“ geben.

Als Sprecher der Opposition hielt der frühere sozialistische Premier Laurent Fabius dem Regierungschef vor, Sarkozy habe mit seinem Beschluss den zwischen Linken und Rechten bestehenden Konsens in der Sicherheitspolitik aufgekündigt. Er bezeichnete es als Illusion zu glauben, dass durch Frankreichs Rückkehr in die Militärstruktur der Nato Vorteile zu erwarten seien. Die Regierung forderte er auf, dem Parlament jedes Jahr einen Bericht über die Stellung Frankreichs im Bündnis vorzulegen.

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