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Frankreich: Villepin sagt in Clearstream-Affäre aus

Begleitet von neuen Vorwürfen ist Frankreichs Premierminister Dominque de Villepin in der Rufmord-Affäre um vermeintliche Schwarzgeldkonten von Spitzenpolitikern von Untersuchungsrichtern vernommen worden.

Paris - Die auf Finanzdelikte spezialisierten Ermittler Jean-Marie d'Huy und Henri Pons befragten Villepin in Paris stundenlang als Zeugen. Sie wollen herausfinden, welche Rolle der Premier in der Affäre spielte, in der Innenminister Nicolas Sarkozy zu Unrecht als Empfänger von Schmiergeldzahlungen aus einem Rüstungsgeschäft angeschwärzt worden war.

Sarkozys Name war 2004 wie der weiterer französischer Politiker und Industriemanager auf gefälschten Kontenlisten der Deutsche-Börse-Tochter Clearstream aufgetaucht. Dies hatte Spekulationen über eine Intrige innerhalb der bürgerlichen Regierung gegen den Innenminister geschürt, der im kommenden Frühjahr die Nachfolge von Staatschef Jacques Chirac antreten will. Villepin bestritt dies stets. Seine Vorladung als einfacher Zeuge bedeutet, dass die Richter bislang keine Vorwürfe gegen ihn erheben.

Ansatzpunkt für Villepins Kenntnis von der Affäre ist ein Treffen mit dem EADS-Manager Jean-Louis Gergorin und einem Geheimdienst-General im Januar 2004. Dem heutigen Premier wird vorgeworfen, damals nicht nur Ermittlungen zu den Listen in Auftrag gegeben, sondern diese auch gezielt gegen seinen Rivalen Sarkozy angeordnet zu haben. Im Frühjahr 2004 hatte Gergorin die Listen mit Sarkozys Namen anonym einen Untersuchungsrichter zugespielt, kurz darauf gelangten sie in die Presse. Es dauerte Monate, bis sie als Fälschung aufflogen. Sarkozy wirft Villepin vor, damals ihn entlastende Erkenntnisse zurückgehalten zu haben.

"Le Monde": Neue Vorwürfe aus früheren Zeugenbefragungen

Just zu Villepins Vernehmung berichtete die Zeitung "Le Monde" über neue Details aus der Affäre, die sich auf die Aussage des früheren EADS-Ko-Chefs Philippe Camus stützen. Demnach hatte Gergorin Camus mitgeteilt, er habe Villepin die gefälschten Listen im Januar 2004 übermittelt, um ihre Verlässlichkeit überprüfen zu lassen. "Ich habe einen Fehler gemacht, zu Villepin zu gehen", sagte Gergorin später laut Camus. "Von da an hat es sich politisiert." Camus besitzt laut dem Bericht Tonaufzeichnungen von Gergorins Aussagen, die er den Ermittlern übergeben wollte.

Die Vernehmung Villepins wurde am Nachmittag nach rund fünf Stunden für eine Mittagspause unterbrochen. Beobachter rechneten damit, dass sie noch bis in die Abendstunden fortgesetzt wird. Villepin ist erst der zweite Premier in Frankreichs Fünfter Republik, der von Ermittlungsrichtern zu einer Aussage geladen wurde. Davor wurde nur Villepins Vor-Vorgänger Lionel Jospin im November 2001 im Amt als Zeuge befragt, damals in einer Affäre um illegale Parteienfinanzierung zu Gunsten der Sozialistischen Partei (PS). (tso/AFP)

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