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Politik: Frankreichs neuer Finanzminister Sautter will die Politik seines Vorgängers treu fortsetzen

"Ich ersetze einen außergewöhnlichen Mann unter außergewöhnlichen Umständen." Mit diesen Worten kommentierte der neue französische Wirtschafts- und Finanzminister Christian Sautter seinen ersten Auftritt im Pariser Ministerrat.

"Ich ersetze einen außergewöhnlichen Mann unter außergewöhnlichen Umständen." Mit diesen Worten kommentierte der neue französische Wirtschafts- und Finanzminister Christian Sautter seinen ersten Auftritt im Pariser Ministerrat. "Wort für Wort, Geste für Geste" wolle er die Politik seines zurückgetretenen Vorgängers Dominique Strauss-Kahn fortführen, beteuerte Sautter. Kontinuität, Wachstum und soziale Solidarität seien die Schlüsselbegriffe für die künftige französische Wirtschaftspolitik.

Einen Kurswechsel soll es nach dem dramatischen Abgang von "Superminister" Strauss-Kahn wegen - bisher unbewiesener - Korruptionsvorwürfe also nicht geben. Eine Wende ist zunächst auch nicht nötig: Im Gegensatz zu Oskar Lafontaine in Deutschland hat Strauss-Kahn (DSK) seinem Nachfolger ein vorbildlich bestelltes Feld hinterlassen. Die französische Wirtschaft boomt, die Staatsfinanzen sind in Ordnung, die Arbeitslosigkeit sinkt und das internationale Vertrauen ist gesichert.

Sautter muss weder zerschlagenes Porzellan kitten, noch einen unpopulären Sparhaushalt vorlegen. Der 59-Jährige braucht sich nicht einmal Sorgen um Trotzreaktionen der Börse zu machen: Die seit Tagen anhaltende Pariser Hausse scheint unverwüstlich. Am Dienstag, dem schwarzen Tag des DSK-Rücktritts, erreichte der Aktienindex Cac 40 sogar einen neuen Rekord. Einen besseren Start als Wirtschaftsminister kann man sich kaum wünschen.

Dennoch kann sich Sautter nicht bequem in seinen neuen Chefsessel zurücklehnen. Auf den bisherigen Staatssekretär fürs Budget kommt enorm viel Arbeit zu: Neben seinen drei neuen Funktionen als Wirtschafts-, Finanz- und Industrieminister soll er auch künftig die Rolle des Budgetchefs übernehmen. Ob Sautter diese enorme Last bewältigen könne, werde "die Zukunft zeigen", sagte Regierungssprecher Daniel Vaillant. Andernfalls könnte Premierminister Lionel Jospin einen Teil der budgetpolitischen Entscheidungen an sich ziehen, spekuliert man in Paris.

Eine weitere Schwierigkeit für Sautter besteht darin, dass Strauss-Kahn kein fest gefügtes Gedankengebäude hinterlassen hat, auf dem er aufbauen könnte. Der "Ex" ging pragmatisch vor und bediente mal die Linke (mit der 35-Stunden-Woche und den ABM-Jobs für Jugendliche), mal die Wirtschaft (mit Privatisierungen und High-Tech-Förde-rung).

Vor allem aber kommt auf den neuen Superminister ein Aufgabenberg zu, der auch Strauss-Kahn ins Schwitzen gebracht hätte. Schon am heutigen Donnerstag könnte Sautter gezwungen sein, seine diplomatischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen - dann nämlich, wenn die Europäische Zentralbank die Leitzinsen erhöht. Zinserhöhungen sind in Frankreich, das jahrelang unter der Hochzinspolitik der Bundesbank litt, alles andere als populär, zumal die Inflation links des Rheins sehr niedrig ist.

Die nächste große Herausforderung ist die neue Welthandelsrunde, die Ende November in Seattle beginnt. Strauss-Kahn hatte angekündigt, dass Paris offensiv auftreten und "neue Regulierungen" fordern werde. Sautter könnte sich indes rasch in der Defensive sehen. Die von Frankreich verteidigte "kulturelle Vielfalt" durch Quotenregelungen für Film und Fernsehen ist selbst in Europa umstritten.

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