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Franz Müntefering

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Franz Müntefering: Der Organisator kehrt zurück

Mit dem Satz "Es ist noch was da, ich bin nicht ausgetrocknet" verabschiedete sich Franz Müntefering 2007 von seinen Genossen. Jetzt - nach knapp einem Jahr - hat die SPD den 68-Jährigen voll und ganz wieder. An diesem Samstag wird Müntefering erneut zum SPD-Chef gewählt - als Nachfolger von Kurt Beck.

"Wahlkampf machen - das können wir" ist einer der vielen knappen und prägnanten Lieblingssätze von "Münte", wie ihn seine Parteifreunde gern nennen. Oder auch: "Politik muss organisiert werden." Nach dem plötzlichen Rücktritt Becks Anfang September wird Müntefering erneut jene Funktion annehmen, die er einmal "das schönste Amt außer Papst" genannt hat - und die er dann selbst Ende 2005 im Streit mit dem SPD-Parteivorstand Knall auf Fall geräumt hatte. Es ist ein Novum in der SPD-Nachkriegshistorie, dass ein früherer Amtsinhaber einer seiner eigenen Nachfolger an der Parteispitze wird.

Tugenden wie Disziplin und absolute Geschlossenheit gehörten immer schon zum Credo des Sauerländers - gleich in welcher Funktion Müntefering in den über 40 Jahren SPD-Mitgliedschaft seiner Partei diente: Ob zunächst als Vorsitzender des SPD-mitgliederstärksten Bezirks Westliches Westfalen, später als SPD-Landeschef von Nordrhein-Westfalen, als SPD-Bundesgeschäftsführer in Bonn oder als Bundesvorsitzender in den turbulenten Monaten bis zur vorgezogenen Neuwahl und Bildung der großen Koalition im Herbst 2005 - in der er dann den Posten des Vizekanzlers und Arbeitsministers übernahm. "Ausschließlich aus familiären Gründen" hatte sich Müntefering Mitte November vergangenen Jahres von allen Ämtern zurückgezogen, um seine schwer krebskranke Frau Ankepetra daheim in Bonn zu pflegen und ihr auf ihrem letzten Weg beizustehen. Ende Juli starb sie.

Nicht immer machte sich "Münte" Freunde

Dass sich "Münte" völlig aus der Politik zurückzieht, das wollte in der SPD so recht niemand glauben. Der SPD-Spitzenmann war stets für Überraschungen gut. Nicht immer stieß er dabei auf ungeteilte Zustimmung in der Partei. In Nordrhein-Westfalen verübeln ihm heute noch etliche Alt-Funktionäre, dass er als Landeschef die einst mächtigen regionalen Parteibezirke auflöste, um die Landesorganisation zu stärken. Als SPD-Fraktionschef im Bundestag ging er zwischen 2002 und 2005 bisweilen recht heftig gegen parteiinterne Kritiker und Abweichler aus der eigenen Fraktion vor. Für Ex-Kanzler Gerhard Schröder war er dabei die wichtigste Stütze bei der Durchsetzung der parteiintern umstrittenen Agenda-Politik.

Nicht immer hatte Müntefering den politischen Erfolg auf seiner Seite. Weil er sich Ende Oktober 2005 als Vorsitzender im eigenen Vorstand mit seinem Personalvorschlag für den Generalsekretärsposten nicht durchsetzen konnte, kündigte er seinen Verzicht auf eine Wiederwahl an.

"Heuschrecke" ist ein Begriff von Müntefering

Ein Stück Sprachgeschichte schrieb Müntefering mit seiner Bezeichnung "Heuschrecken" für umstrittene Finanzinvestoren, die Unternehmen aus reinem Profitinteresse zerschlagen. Erst wurde Müntefering dafür heftig kritisiert, heute ist der Begriff nicht nur in der Finanzwelt fest etabliert.

Der in Neheim-Hüsten geborene Arbeitersohn und gelernte Industriekaufmann war 1966 der SPD beigetreten - zu Zeiten der ersten großen Koalition in Bonn. Gern erzählt Müntefering, wie er in jenen Tagen als 26-jähriger an SPD-Fraktionschef Herbert Wehner bitterböse Protestbriefe wegen der Preisgabe sozialdemokratischer Positionen im ersten schwarz-roten Regierungsbündnis schrieb. "Der liebe Genosse Herbert" habe sich darum aber nicht geschert.

Das Steuer fest in der Hand

Sein Verhältnis zu Beck galt von Anfang an als gespannt. Intern ließ Müntefering durchblicken, er traue dem Pfälzer den SPD-Vorsitz nicht zu. Vor dem Hamburger Parteitag hatten sich beide einen wochenlangen quälenden Streit um die Verlängerung des Arbeitslosengelds I für Ältere geliefert. Beck setzte sich durch.

Dass Müntefering in die aktive Politik zurückwollte und darauf setzte, zumindest im Bundestagswahlkampf wieder eine führende Rolle zu übernehmen, war spätestens im Spätsommer seit der Ankündigung seines Buches mit dem doppeldeutigen Titel "Macht Politik!" klar. Und nach seiner Nominierung durch den Parteivorstand zum neuen SPD-Chef machte Müntefering auch schnell klar, dass er auch nach 2009 das Steuer der Partei weiter fest in der Hand halten will.

Karl-Heinz Reith[dpa]

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