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Frauke Petry und Jörg Meuthen begrüßen sich vor Beginn der Sitzung des AfD-Bundesvorstands.

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Frauke Petry und Jörg Meuthen: Kalkulierte Küsse bei der AfD

Der Bundesvorstand der AfD will, dass sich die Fraktion in Stuttgart wiedervereinigt – das kostet Überwindung. Beide Parteichefs sind beschädigt.

Wenn es um die Aussicht auf Macht und Posten geht, dann wird auch bei der AfD notfalls gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Ihrer etablierten Konkurrenz steht die Protestpartei in dieser Hinsicht keineswegs nach. Anders ist nicht zu erklären, dass die beiden Parteichefs Frauke Petry und Jörg Meuthen sich bei der Bundesvorstandssitzung am Freitag in Berlin demonstrativ mit Küsschen begrüßten. Sanft lächelnd legte Petry ihre Hand an Meuthens Schulter. Die Szene vor den Augen der versammelten Pressefotografen sollte wohl vergessen machen, was sich vor gerade mal zwei Wochen in Stuttgart abgespielt hatte. Da hatte Meuthen in seiner damaligen Funktion als AfD-Landtagsfraktionschef sogar versucht, Petry den Zugang zu den Landtagsgebäuden verwehren zu lassen. So zerrüttet ist das Verhältnis zwischen den beiden Spitzenkräften mittlerweile.

Damals ging es um den Fall des antisemitischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon. Dessen gescheiterter Rausschmiss führte letztendlich zum Auszug Meuthens und 13 weiterer AfD-Politiker aus der einst 23-köpfigen Landtagsfraktion. Die Lage in Stuttgart ist seitdem unklar. Dort gibt es nun zwei Fraktionen mit AfD-Mitgliedern. Die Landtagsverwaltung lässt prüfen, ob das gegen das „Verbot der Fraktionsvermehrung“ verstößt. Petry hatte hinter den Kulissen eifrig mitgemischt – sehr zum Ärger Meuthens. Am Freitag nun trafen die beiden Parteivorsitzenden zum ersten Mal seit dem Eklat wieder aufeinander.

Für Jörg Meuthen steht kurzfristig mehr auf dem Spiel

Die Botschaft nach dem Treffen sollte umso klarer sein. Zumindest verschickte die AfD-Pressestelle eine Meldung über einen „einstimmigen Beschluss“, der „ohne Enthaltungen“ ergangen sei. Demnach sei der Bundesvorstand der Auffassung, dass „unsere Partei in Baden-Württemberg nur durch eine Landtagsfraktion repräsentiert werden kann“. Dies zu erreichen, sei „vorrangig Aufgabe des Landesverbandes Baden-Württemberg“, der Bundesvorstand werde diesen Prozess „aktiv unterstützen“. Mit anderen Worten: Der Fraktion soll eine Wiedervereinigung verordnet werden.

Einen klaren Sieger gibt es damit nicht. Sowohl Meuthen als auch Petry sind aus der Angelegenheit beschädigt hervorgegangen. Meuthen, weil er die Isolierung Gedeons nur um den Preis der Fraktionsspaltung erreichen konnte; Petry, weil sie erkennbar auf eigene Rechnung agierte.

Allerdings steht für Meuthen kurzfristig mehr auf dem Spiel. Er wird vor allem daran gemessen werden, ob eine Zusammenführung der beiden zerstrittenen Fraktionsteile gelingt oder nicht. „Die beiden Gruppen sollten sich in irgendeiner Form einigen, natürlich ohne Gedeon“, hatte das Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel im Vorfeld der Sitzung gesagt. Weidel kommt selbst aus Baden-Württemberg. Sie sagte, einige Fraktionsmitglieder hätten den Fall Gedeon benutzt, um ihre Kritik an Meuthens Führungsstil auszudrücken.

Burgfriede auch vor dem Hintergrund sinkender Umfragewerte

Entscheidend für die künftige Stellung Meuthens könnte auch ein möglicher Sonderparteitag mit einer Neuwahl des Landesvorstands im September sein. Geriete Meuthen dort erkennbar in die Defensive, dürfte ihm das in seiner bundespolitischen Funktion schaden.

Der Burgfriede in der AfD-Spitze ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund sinkender Umfragewerte zu sehen. Insbesondere der Berliner Landesverband fürchtet Auswirkungen bei der Abgeordnetenhauswahl. Bundesweit kommen die Meinungsforscher zu unterschiedlichen Ergebnissen. Im ARD-„Deutschlandtrend“ von Infratest liegt die AfD unverändert bei zwölf Prozent. In Umfragen der Institute Emnid, Forsa und Insa hatte sie jeweils um ein bis zwei Prozent nachgegeben und war teilweise wieder unter zehn Prozent gelandet.

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