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Politik: Freispruch für Italien im Prozess um Tod bei G-8-Gipfel

Straßburg/Berlin - Fast zehn Jahre nach dem gewalttätigen G-8-Gipfel von Genua ist Italien von der Schuld am Tod des jungen Demonstranten Carlo Giuliani in letzter Instanz freigesprochen worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wies die Klage von Giulianis Eltern und seiner Schwester am Donnerstag in allen Punkten ab.

Straßburg/Berlin - Fast zehn Jahre nach dem gewalttätigen G-8-Gipfel von Genua ist Italien von der Schuld am Tod des jungen Demonstranten Carlo Giuliani in letzter Instanz freigesprochen worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wies die Klage von Giulianis Eltern und seiner Schwester am Donnerstag in allen Punkten ab.

Der 23-jährige Genueser Giuliani war am 20. Juli 2001 auf der Piazza Alimonda im Zentrum von Genua durch eine Polizeikugel ums Leben gekommen. Während der Proteste gegen den G-8-Gipfel, zu dessen Schutz 18 000 Polizisten im Einsatz waren, hatten er und andere Globalisierungsgegner einen Wagen der Carabinieri attackiert. Einer der Polizisten, der 20-jährige Mario Placanica, schoss auf die Gruppe und traf Giuliani ins Gesicht; das Auto überrollte danach bei einem Wendemanöver zweimal den am Boden liegenden Giuliani. Das Mordverfahren gegen den Todesschützen wurde zwei Jahre später eingestellt.

Die Eltern Giuliano Giuliani und Haidi Gaggio und Elena Giuliani, die ältere Schwester des Toten, hatten in Straßburg gegen den italienischen Staat geklagt, dem sie unter anderem unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und eine unzureichende Vorbereitung des Gipfels vorwarfen, die Gewaltexzesse begünstigt habe. Außerdem hielten sie die juristische Aufarbeitung des Todes durch italienische Gerichte für ungenügend.

Die Mehrheit der großen Kammer des Straßburger Gerichts – darunter die frühere deutsche Verfassungsrichterin Renate Jaeger – erklärte diese Vorwürfe nun für unberechtigt. Für den jungen Carabiniere nahm sie Notwehr an. Er habe sein Leben und das seiner Kollegen durch die Angreifer – Giuliani hielt einen Feuerlöscher in den Händen – bedroht gesehen. Auch die Untersuchung von Giulianis Tod sei nicht zu beanstanden. In den Punkten Planung des Einsatzes und Angemessenheit der Verfahren waren allerdings 7 der 17 Richter anderer Meinung. Die Vorinstanz hatte der Familie noch Schadensersatz wegen mangelhafter juristischer Aufarbeitung des Falls zugesprochen. Giuliano Giuliani erklärte nach dem Urteil, dies sei „nicht die erste schlechte Nachricht“, „wir werden weiter für die Wahrheit kämpfen“. Möglich ist nun nur noch eine Zivilklage gegen den Schützen.

Der G-8-Gipfel war Gegenstand auch vieler anderer Prozesse. So hatten Sondereinheiten bei der nächtlichen Razzia in einer Schule Globalisierungsgegner, die dort übernachteten, brutal verprügelt und psychisch misshandelt.

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