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Politik: Friedensforschung auf der Sparliste

Senat der Hansestadt will Etat deutlich kürzen / Institutsleiter: Das Fallbeil schwebt

Hamburg. Der Hamburger Senat prüft deutliche Kürzungen im Etat des renommierten Hamburger Friedensforschungsinstituts. „Das Fallbeil schwebt, aber es ist nicht gefallen“, sagt Reinhard Mutz, der das Institut kommissarisch führt. Der Senat hält bisher auch seine Entscheidung über die Nachfolge des verstorbenen Direktors Dieter Lutz offen.

Mehr als einhundert Wissenschaftler und Mitarbeiter sind weltweit für das Institut tätig. Es gilt wegen seiner langjährigen Forschungen zur Rüstungskontrolle und kollektiven Sicherheit für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die Europäische Union und bundesdeutsche Institutionen als führend. Der Senat förderte die Einrichtung bisher mit 1,3 Millionen Euro im Jahr. Obwohl Hamburgs Wissenschaftsetat wächst, erwartet der Senat von dem Institut einen Beitrag zur Konsolidierung des Hamburger Haushalts – die Friedensforschung gehört offensichtlich nicht zu den Prioritäten der Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP. Erste Überlegungen, den Etat radikal auf ein Drittel zu kürzen, wurden aber verworfen. Wie hoch die Sparquote sein wird, steht noch nicht fest. Der Sitz des Instituts in Elbnähe wird vermutlich veräußert.

Durch die Kürzungspläne von Wissenschaftssenator Jörg Dräger sei neben der Arbeit des Instituts für Friedensforschung auch die des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden und der Forschungsstelle für Zeitgeschichte gefährdet, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Barbara Brüning: „Wir sorgen uns um den Wissenschaftsstandort Hamburg.“ Es sei ein unhaltbarer Zustand, dass die Stelle des Direktors immer noch vakant sei, obwohl Dräger als Kuratoriumsvorsitzender eine schnelle Wiederbesetzung zugesagt habe: „Dadurch ist das Institut so gut wie handlungsunfähig.“ Der Senat wolle vor allem bei den Sozialwissenschaften sparen.

Die Wissenschaftsbehörde weist die Vorwürfe zurück. Es gehe um eine „inhaltliche Neupositionierung" und „Synergieeffekte“ mit der Universität, die auch der Wissenschaftsrat empfehle, sagte Sprecherin Sabine Neumann. Erst wenn Inhalte und Organisation geklärt seien, werde die Institutsleitung bestellt. Die Prüfungen bezögen sich auf den Etat 2006. Friedensforschung bleibe wichtig für Hamburg. Das Friedensforschungsinstitut war 1971 gegründet worden; zu seinen Leitern gehörten Egon Bahr und Wolf Graf von Baudissin. Dieter Lutz war 53-jährig im Januar gestorben.

Günter Beling

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