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Politik: Friedensgespräche: Aufgeschoben, ein letztes Mal (Kommentar)

Die Palästinenser sagen Ja zu weiteren Verhandlungen. Sie wollen zwar einen eigenen Staat, aber wenn möglich auf Grund eines Abkommens mit Israel.

Die Palästinenser sagen Ja zu weiteren Verhandlungen. Sie wollen zwar einen eigenen Staat, aber wenn möglich auf Grund eines Abkommens mit Israel. Ihr Beschluss, die Ausrufung des Staates Palästina zu verschieben - ohne ein konkretes Zieldatum für die Verschiebung zu nennen -, ist ein klares Bekenntnis zum Frieden mit Israel.

Noch nie seit den Abkommen von Oslo haben sie diese bedeutsame Aussage in dieser Deutlichkeit gemacht wie jetzt in Gaza. Selbst die interne Opposition hat sich - durch Beteiligung an der Abstimmung oder in begleitenden Erklärungen - zum friedlichen Weg der Staatsgründung bekannt. Das verschafft dem Beschluss fast historischen Charakter.

Von der Verschiebung versprechen sich die Palästinenser erheblichen taktischen Nutzen vor den weiteren Verhandlungen. Sie haben die von Israel und den USA vermisste Flexibilität gezeigt - nun sei es wieder an Israel, Konzessionen zu machen. Dabei übersehen sie bewusst die Tatsache, dass ihr Entgegenkommen rein prozedural ist und nicht die Substanz betrifft, also nicht auf eine Stufe gestellt werden kann mit dem israelischen Angebot fast vollständiger Gebietsrückgaben und der faktischen Teilung Jerusalems.

Zudem hatten die Palästinenser vielleicht die Europäer und eventuell einige Fraktionen in den USA davon überzeugt, sie könnten am 13. September tatsächlich ihren Staat ausrufen und seien erst nach heftigem inneren Ringen zu einer Verschiebung bereit, nicht aber Israel. Der Regierung in Jerusalem war seit langem klar, dass am 13. September nichts geschehen werde, - und ebenso der palästinensischen Führung.

Klar ist allen Seiten allerdings auch: Eine weitere Verschiebung ist so gut wie unmöglich. Wenn der PLO-Zentralrat Mitte November erneut zusammentritt, wird er höchstwahrscheinlich den 31. Dezember 2000 oder den 1. Januar 2001 als endgültiges Datum festlegen. Davon kann Jassir Arafat dann nicht mehr abrücken. Sonst verlöre er das Vertrauen seines Volkes und würde seine Stellung gegenüber Israel untergraben. Anstelle des versprochenen Staates bekämen die Palästinenser dann nur Autonomie.

Das entscheidende Argument, dass der Staat Palästinas nur nach einem Abkommen mit Israel ausgerufen werden soll, ist die internationale - vor allem amerikanische - Unterstützung: die politische und insbesondere die finanzielle. Ohne ausländische Hilfe wäre der Staat Palästina noch vor seiner Geburt Pleite. Arafats Autorität stünde dann in Frage; wenige Terroranschläge der Islamisten könnten ihn und die PLO in den Abgrund stürzen.

Deshalb kann Arafat ruhig und ohne allzu großen Zeitdruck verhandeln. Die interne Opposition, sei sie nun links-nationalistisch oder islamistisch, drängt ihn überraschenderweise keineswegs. Für Arafats Gegner ist nicht der Zeitpunkt der Staatsgründung wichtig, sondern der in der Verfassung festzulegende Staats-Charakter. Und da sich die Oppositionellen in dieser Frage ganz und gar nicht einig sind - die einen wollen eine moderne, "soziale" Demokratie, die anderen einen islamischen Gottesstaat -, hat Arafat erheblichen Manövrierraum.

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