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Friedensgutachten: Mehr Rüstung als im Kalten Krieg

Heute wird ungehemmter aufgerüstet als in den sechziger Jahren. Die weltweiten Militärausgaben nahmen zwischen 2001 und 2006 um 30 Prozent auf eine Billion US-Dollar zu. Die Hälfte des Wachstums gehe auf das Konto der USA.

Berlin - Die Gegenwart ist bedrohlicher als die Zeit des Kalten Krieges: Heute wird ungehemmter aufgerüstet als in den sechziger Jahren. Das ist das Fazit des Friedensgutachtens 2008, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Wissenschaftler der fünf deutschen Universitätsinstitute für Friedens- und Konfliktforschung haben in dem Jahrbuch die Entwicklung von Krieg und Frieden untersucht.

Dem Gutachten zufolge nahmen die weltweiten Militärausgaben zwischen 2001 und 2006 um 30 Prozent auf eine Billion US-Dollar zu. Die Hälfte des Wachstums gehe auf das Konto der USA. Als Antwort auf den Terrorismus könne deren Aufrüstung nicht gelten, sagte Mitherausgeber Andreas Heinemann-Grüder – so hätte zum Beispiel der Anschlag auf die dänische Botschaft in Pakistan kaum mit Nuklearwaffen verhindern werden können. Diese Art der Hochrüstung in den USA „wirkt wie eine self-fulfilling prophecy“, sagte Heinemann-Grüder: Je mehr man hochrüste, desto stärker werde das Abwehrbemühen auf der anderen Seite. „Der antiamerikanische Reflex hat auch mit dem hegemonialen Verhalten der USA zu tun.“

Die Politik der USA zeige, so das Gutachten, noch ein weiteres: Demokratisierung könne nicht militärisch erzwungen werden. Das zeige das Beispiel des Irakkriegs. Der habe im Gegenteil sogar den Effekt gehabt, dass viele Staaten nun glaubten, sie könnten sich vor einem „Regimewechsel-Krieg“ nur durch Atomwaffen schützen. „Wandel durch Annäherung“ sei kein Motto von gestern, befinden die Gutachter, sondern die einzige Möglichkeit, um autoritäre Regime auf den Pfad der Demokratie zu führen.

Zu den Kennzeichen des gegenwärtigen Aufrüstungsprozesses gehöre, dass sich nicht zwei, sondern viele Akteure weltweit gegenüberstünden. So gehöre China inzwischen neben den USA, Japan, Großbritannien und Frankreich zu den Ländern, die am meisten Geld für Rüstung ausgeben. Hohe Wachtumsraten verzeichneten auch Russland und Indien. Für diese Politik gebe es „keine rational nachvollziehbare Begründung“, sagte Mitherausgeber Reinhard Mutz. Ein US-Raketenschild in Osteuropa und ein Wettrüsten im All müssten deshalb verhindert werden. Martina Scheffler

Martina Scheffler

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