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Friedenspolitik: In Zivil

Frieden schaffen ohne Waffen, lautet das Motto der Krisenprävention – die Wirkung ist umstritten. Es ist nicht klar, inwieweit zivile Präventionsmaßnahmen des Ausbruch militärischer Konflikte beeinflussen oder gar verhindern können.

Seit zehn Jahren schickt das deutsche Entwicklungshilfeministerium (BMZ) zivile Friedensarbeiter in die Krisenregionen der Welt. Sie sollen verhindern, dass Konflikte zwischen Staaten oder Bürgerkriegsparteien mit Gewalt ausgetragen werden und im Vorfeld schlichten. „Frieden schaffen ohne Waffen“ heißt das Ideal des 1999 gegründeten Zivilen Friedensdiensts (ZFD), der kirchliche, staatliche und private Entwicklungshilfeorganisationen unter Federführung des BMZ vereint. Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) will den Dienst weiter ausbauen. Für sie ist zivile Prävention das „beste und kostengünstigste Instrument der Friedenspolitik“. 185 Deutsche sind derzeit in 45 Ländern für den ZFD unterwegs.

Dabei ist nicht klar, inwieweit zivile Präventionsmaßnahmen den Ausbruch militärischer Konflikte beeinflussen oder gar verhindern können. Das wird am Beispiel Georgien deutlich. Vor dem Krieg im August 2008 waren zivile Friedensmissionen mehrerer internationaler Organisationen im Kaukasus. Doch die Bemühungen von EU, UN und OSZE blieben wirkungslos. „Bei stark eskalierenden Konflikten um Machtfragen wird es mit ziviler Friedensprävention schwierig“, sagt Tobias Debiel, Direktor des Instituts für Entwicklung und Frieden (INEF) der Universität Duisburg-Essen.

Große Konflikte sind Sache von Diplomatie und Militär

Die klassische Friedensprävention ist deshalb Aufgabe der Außenpolitik. In Deutschland führt das zu Kompetenzgerangel. „Außenministerium und BMZ stehen sich gegenseitig auf den Füßen“, sagt Andreas Heinemann-Grüder vom Internationalen Konversionszentrum (BICC) in Bonn. Eine zentrale Stelle, von der aus die unterschiedlichen Aspekte der Friedenspolitik koordiniert werden, fehlt. Eine der Konsequenzen: „Wir haben seit zehn Jahren Krisenprävention, aber kein Frühwarnsystem für Konflikte“, sagt Heinemann-Grüder. Erschwerend komme nach Angaben des BICC-Experten hinzu, dass ein „akuter Mangel an geeigneten Friedens-Fachkräften besteht“.

Jürgen Wilhelm, Geschäftsführer des Deutschen Entwicklungsdienstes (ded), der auch im ZFD organisiert ist, verteidigt das zivile Friedensengagement. Etwa 120 ded-Fachkräfte arbeiten derzeit in der nordafghanischen Provinz Kundus. Wilhelm verweist dabei auf „bescheidene Errungenschaften“. Auf dem Land bringen sie die Dorfältesten, den Polizeichef und andere lokale Autoritäten an einen Tisch, berichtet er. So wird ein Gemeinderat gebildet, der alltägliche Streitigkeiten der Dorfbewohner verhandelt. Aber in den Krieg der Nato-Truppen gegen die Taliban greifen die ded-Mitarbeiter nicht als Schlichter ein.

Die großen Konflikte der Weltpolitik lösen die zivilen Friedenskräfte also nicht. Das bleibt Sache von Diplomatie und Militär. „Der Begriff Friedensdienst ist zu ambitioniert“, sagt auch Jürgen Walter vom Entwicklungsdienst. Dennoch kann die Bundesrepublik ihre zivile Krisenprävention aufwerten. Wie, das zeigen deutsche Friedensforscher, darunter Tobias Debiel, in einem Memorandum zur Bundestagswahl. Darin fordern die Friedensforscher einen Ausbau der Infrastruktur für die Präventionspolitik. Unter anderem solle der Beauftragte für Krisenprävention aufgewertet und im Bundeskanzleramt angesiedelt werden. Regierung und Bundestag müssen außerdem öffentlich mehr für den Präventionsgedanken werben, heißt es in dem Memorandum.

Marc Mudrak

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