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Politik: Fronterfahrungen

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Wie sieht der gute Deutsche aus? Das ist, wie wir aus allerlei historischer Erfahrung wissen, keine ganz einfach zu beantwortende Frage.

Von Robert Birnbaum

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Wie sieht der gute Deutsche aus? Das ist, wie wir aus allerlei historischer Erfahrung wissen, keine ganz einfach zu beantwortende Frage. Der gute Deutsche zu Kaiser Wilhelms Zeiten zum Beispiel war jener, der für Gott, Kaiser und Vaterland sein Leben in die Bresche warf, notfalls weit jenseits des Hindukusch im fernen China. „The Germans to the front“ lautete in jenen Tagen der Schlachtruf. Halbamtliche Ölgemälde zeigen deutsche Helden mit aufgepflanztem Bajonett sich auf den Chinesen stürzen, der den „Boxeraufstand“ angezettelt und damit jenes Maß an Nationalismus bewiesen hatte, das man damals ausschließlich bei sich selber angebracht und angemessen fand.

Die Schlüsselszene unserer Tage spielt wiederum jenseits des Hindukusch in einer Region, die an China angrenzt. Das Bundeswehr-Trüppchen im afghanischen Kundus hat ein hübsches Farb-Faltblatt drucken lassen, um sich bei den Einheimischen besser bekannt zu machen. Was da an erläuterndem Text steht, können wir aus Mangel an Kenntnissen der Landessprache Dari nicht sagen; aber weil in dieser Weltgegend viele Menschen gar nicht lesen können, muss sich der Prospekt ohnehin selbst erklären. Das tun Fotos der von der Bundeswehr benutzten Fahrzeuge – vom Jeep bis zum Fallschirmjäger-Kleinpanzer „Wiesel“. Und es tut ein großes Foto. Zu sehen ist ein Soldat im Fleckentarnanzug mit Fleckentarnhut, keine Waffe sichtbar, die linke Hand als Friedenszeichen auf dem Herzen, ein gewinnendes Lächeln, und der drückt dem nicht minder strahlenden einheimischen Händler herzlich die Rechte. Das ist der „gute Deutsche“ anno 2004. Alles in allem also doch ein gewisser Fortschritt.

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