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Politik: Früher arbeiten

CDU-Kompromiss zum Unterhalt: Geschiedene Frauen mit Kindern sollen schneller in den Job zurück

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Familienpolitiker der Unionsfraktion wollen mehr Druck auf Mütter ausüben, nach der Ehescheidung für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Dafür soll im neuen Unterhaltsgesetz, das Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegt hat, festgelegt werden, dass die erziehenden Frauen nach der Scheidung bereits nach dem dritten Lebensjahr des Kindes zumindest wieder Teilzeit arbeiten müssen. Heute mutet die Justiz den Geschiedenen die Arbeitsaufnahme frühestens nach dem neuntem Lebensjahr zu, bei mehreren Kindern sogar deutlich später.

Das neue Unterhaltsgesetz, das eigentlich am 1. April in Kraft treten sollte, soll die Unterhaltsansprüche aller Kinder – aus erster und zweiter Partnerschaft – bei der Berechnung des Unterhalts besser stellen. Es wird zurzeit von der Unionsfraktion im Bundestag blockiert. „Der alleinige erste Rang für die Unterhaltsrechte der Kinder ist auch in unserem Interesse“, sagte die CDU-Familienpolitikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker. Zypries könne daher „in jedem Fall“ in dieser Frage mit Unterstützung rechnen. Anders jedoch beim zweiten Reformziel. Hier will die SPD die bisherige Praxis aufheben, nach der der zweiten – unverheirateten – Partnerin bei der Unterhaltsberechnung ein schlechterer Rang zugeordnet wird. Das führt regelmäßig dazu, dass Männer nach der Scheidung große Teile ihres Einkommens an die geschiedene Ehefrau und die gemeinsamen Kinder zahlen müssen, ohne dass in Rechnung gestellt wird, dass auch die Mutter in der neuen Partnerschaft Kinder erzieht und Unterhalt braucht.

„Hier sollte es beim Vorrang der ersten Ehefrau bleiben“, sagt Winkelmeier-Becker. Dabei gehe es weder um Schuldzuweisungen noch um Diskriminierung der zweiten Beziehung, sondern um eine angemessene Risikoverteilung: Wenn ein Elternteil, zumeist die Frau, im Vertrauen auf eine gemeinsame Lebensplanung für Kinder die eigene Berufstätigkeit einschränkt, während der andere Partner als Hauptverdiener die Versorgung übernimmt und seine beruflichen Chancen wahrt, müssten Nachteile auch nach der Scheidung gemeinsam getragen werden. Ein Unterhaltsanspruch dürfe nicht dadurch gefährdet werden, dass eine neue Partnerin des Mannes hinzukommt.

Allerdings konstatiert die ehemalige Familienrichterin, dass es die gegenwärtige Rechtspraxis Männern nach der Scheidung wirtschaftlich sehr schwer macht, eine neue Familie zu gründen. Das sei „nicht mehr zeitgemäß“, sagt sie, denn die Ehe könne nicht länger für Frauen nach der Scheidung eine dauerhafte „Lebensstandardgarantie begründen“. Deshalb „müssen die Anforderungen an die Geschiedenen zur Berufsausübung verschärft werden“.

Konkret sollen die betroffenen Frauen den vollen Unterhaltsanspruch in der Regel nur noch bis zum Ende des dritten Lebensjahres des Kindes behalten dürfen. Danach müssten sie wenigstens zum Teil für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen. Der geschiedene Partner soll dann nur noch einen „aufstockenden“ Unterhalt an seine Ex-Frau entrichten müssen. In dem Maße, wie sich in den vergangenen Jahren der Bildungsstand der Frauen und die Betreuungsinfrastruktur für Kinder verbessert habe, sei ein solch größerer Druck zur Arbeitsaufnahme den Geschiedenen zumutbar, meint Winkelmeier-Becker. Die zweite Familie profitiere von der früheren Selbstständigkeit der ersten Frau; wenn deren Anspruch schneller sinke, stehe für den nachfolgenden Rang mehr Geld zur Verfügung.

Der Streit um den Unterhalt steht bei den meisten der jährlich rund 200 000 Ehescheidungen im Vordergrund. Neu gegründete Familien haben in aller Regel das wirtschaftliche Nachsehen. Diesen Umstand will die SPD verändern, indem sie die Mütter beider Partnerschaften in ihren Ansprüchen gleichstellt.

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